Vom Hacker zum Verfolger

Ex-Hacker Kevin Mitnick half, eine Bombendrohung aufzuklären

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Jahrelang war Kevin Mitnick wegen seiner Hack-Aktivitäten inhaftiert und durfte nicht mal mehr in die Nähe eines Computers kommen. Nun gab er der Polizei eine Nachhilfestunde in Sachen Anrufrückverfolgung

Bombendrohungen per Anruf in der Schule sind seit Jahrzehnten ein beliebter schlechter Scherz, um ein paar Freistunden zu erhalten, während die Schule geräumt und durchsucht wird. Schon im Normalfall sind weder Lehrer noch Polizei besonders gut auf derartige Streiche zu sprechen. Wiederholungstäter werden auch meistens erwischt.

In River Rouge in Michigan waren schon seit einiger Zeit Lehrer der River Rouge High School zuhause telefonisch anonym bedroht worden. Am 2. April ging dann auch noch in der Schule mitten im Unterricht eine Bombendrohung ein. Die Schule musste geräumt werden und alle drei Polizeiwagen des Orts wurden zur Bombensuche abkommandiert. Natürlich fand sich nichts, doch am 5. April ging schon wieder eine telefonische Bombendrohung ein. Eigentlich Routine, doch nur zwei Wochen, bevor sich das Massaker in Littleton an der Columbine High School zum fünften Mal jährte, war man doch etwas nervös:

"Ich traue diesen Kindern heute wirklich alles zu"

Detective Lt. John Keck

Als die Polizei von der Telefongesellschaft SBC Ameritech die Nummer des Anrufers wollte, um diesen dingfest zu machen, zuckte man dort jedoch nur mit den Schultern, wie Security Focus berichtet: Es war keine Nummer verzeichnet. Detective Keck befürchtete nun, der Anrufer habe irgendeinen High-Tech-Trick benutzt – Internet-Telephonie, ein Anruf aus dem Ausland, Calling-Cards oder ein Hack.

Keine Nummer unter diesem Anschluss

Keck war ratlos und suchte einen Fachmann. Bei einer Webrecherche zum Thema "Rufnummern-ID-Fälschung" stieß er prompt auf Kevin Mitnick, der heute als Sicherheitsberater arbeitet und den Ablauf einer solchen Nummernfälschung gerade erst in einem Kabelsender im Fernsehen vorgeführt hatte.

Mitnick war bereit, dem verzweifelten Cop zu helfen und war sich schon nach kurzer Zeit sicher, dass gar keine Nummernfälschung vorlag: Der Detective hatte der Telefongesellschaft nur nicht die richtigen Fragen gestellt. Als dieser nun um einen "terminating number search" bat, konnte die Quelle der Anrufe zumindest bis zum Mobilfunkanbieter Sprint PCS zurückverfolgt werden. Dort wurde am 19. April der 15-jährige Besitzer des Handys ermittelt.

Handys im Unterricht können diesen ungemein stören…

Der blieb seinerseits auch nicht untätig und lieferte am selben Tag gleich noch zwei weitere telefonische Bombendrohungen per Handy direkt aus dem Unterricht, ohne dazu auch nur das Klassenzimmer zu verlassen – deshalb war er bislang auch nicht in Verdacht geraten. Nun musste er den Unterricht allerdings erstmals alleine ohne seine Mitschüler verlassen, weil er nämlich statt der erhofften erneuten Evakuierung "nur" von der Polizei abgeführt wurde.

Gefängnis wird dem Schüler wohl erspart bleiben: Da er geständig war, soll es bei einer Strafe wie beispielsweise sozialer Arbeit bleiben. Für Kevin Mitnick hat der Vorfall dagegen einen gewaltigen Popularitätsgewinn in dem Ort zur Folge. Ironie des Schicksals: Genau auf dieselbe Art hatte Tsutomu Shimomura ihn 1995 aufgespürt und seine Hackerkarriere beendet. Mitleid für den Schüler hatte Mitnick trotzdem nicht: "Das war kein Hack. Das war nur ein kleiner Wixer."