Von Schweden nach Landshut statt von Halle nach Augsburg

Im Streit um neue Stromleitungen zeichnet sich ein möglicher Kompromiss ab

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Als 2011 der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen wurde, da waren sich fast alle beteiligten Politiker einig, dass diese Energiewende nur mit neuen Stromtrassen zu schaffen ist, die Windstrom von der Nord- und Ostsee nach Bayern transportieren, wo man wenig Kohle verstromt.

Auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer zweifelte damals die Notwendigkeit solcher Stromtrassen nicht an. Knapp drei Jahre später änderte er allerdings seine Meinung und versprach Naturschützern, er werde nicht zulassen, dass gegen ihren Willen Masten gebaut und Kabel verlegt werden. Ob sich das für ihn auszahlte, ist fraglich: Bei den Kommunalwahlen im März war das Ergebnis für die CSU durchwachsen, bei der Europawahl am 25. Mai büßte sie 7,6 Prozentpunkte ein.

Nun zeichnet sich ein möglicher Kompromiss ab, der Seehofer einen erneuten Positionswechsel erlauben würde: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte die bislang von Bad Lauchstädt bei Halle nach Meitingen bei Augsburg geplante Stromtrasse im Norden nach Schweden verlängert und im Süden nach Landshut verkürzt und nicht mehr von der nordrhein-westfälischen Firma Amprion, sondern überwiegend vom oberpfälzer Unternehmen Tennet gebaut werden.

Die Verlängerung nach Norden würde den Trassengegnern das Argument aus der Hand nehmen, dass mit der Leitung nicht in erster Linie Windstrom von der Ostsee, sondern Braunkohlestrom aus den Abbaugebieten in Sachsen-Anhalt nach Bayern geleitet wird. Kommt die derzeit vom Netzbetreiber 50Hertz geprüfte "Hansa Power Bridge" nach Schweden nicht zustande, wäre eine Leitung zur Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern eine Alternative.

In der Nähe von Landshut, wo die Leitung den neuen Plänen nach enden könnte, liefert der leistungsstärkste Druckwasserreaktorblock Deutschlands im Kernkraftwerk Isar 2 derzeit 1485 MW Bruttoleistung, die bis 2022 wegfallen. Deshalb hofft man, dass dort die Einsicht in die Notwendigkeit einer Nachfolgeenergieversorgung größer ist als in Augsburg.

Außerdem soll das Bundesbedarfsplangesetz dahingehend geändert werden, dass "auf technisch und wirtschaftlich effizienten Teilabschnitten" Erdkabel verlegt werden dürfen. Nach dieser Änderung könnte man langwierigen Rechtsstreitigkeiten und Blockaden aus dem Weg gehen, indem man die Leitung in der Nähe von Bayreuth und anderen Ortschaften unterirdisch verlegt. Allerdings werden sich wahrscheinlich auch dann Stromtrassengegner finden, die die Erwärmung des Bodens in Kabelnähe und deren Auswirkung auf Käferlarven beklagen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.