Wahl in NRW: Siegerin Merkel steht schon fest?

Werk von ThyssenKrupp, Rheinufer im Norden Duisburgs, Datum der Aufnahme unbekannt. Foto: Mennis / CC BY-SA 3.0

Geht es nach der Medienbegleitung zur Wahl, so spielen landespolitische Aspekte nur eine Hintergrundrolle

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Kennt jemand den NRW-Wirtschaftsminister? Von Garrelt Duin war in den letzten Tagen vor der "kleinen Bundestagswahl" in NRW kaum die Rede. Dabei sollte Wirtschaft doch eigentlich eine Rolle spielen, wenn es um eine Wahl geht, die als derart wichtig für die ganze Republik bewertet wird. Immerhin präsentiert Duin im Kleinen die SPD-Alternative zur CDU-dominierten Wirtschaftspolitik im Großen.

Duin selbst ist zuversichtlich, er habe keinen Plan B für den Fall einer Niederlage, wird er Ende Januar zitiert. Er zieht aus seinen viereinhalb Jahren als NRW-Wirtschaftsminister eine Erfolgsbilanz, die naturgemäß von CDU und FDP bestritten werden.

Soziale Nöte - eine Chance für die SPD?

Duin verweist auf 1,8 Prozent Wachstum 2016, womit 0,1 Punkte unter dem Bundesschnitt liege und im Ländervergleich auf Platz sechs (nach 0,8 und Platz 15 im Vorjahr). Die CDU und die FDP machen andere Rechnungen auf, wie die Westfälischen Nachrichten Anfang Mai berichteten.

Die Wirtschaft in NRW sei in keiner guten Verfassung, behaupten demnach CDU und FDP. Seit 2010 sei das Wachstum in NRW 28 Prozent niedriger ausgefallen als im Bundesschnitt. Weil zugleich die Arbeitslosigkeit langsamer gesunken sei, hätten 90 000 Menschen keinen Job.

Schaut man sich eine Meldung vom März dieses Jahres zum Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes an, so wird jenseits der typischen Darstellungsunterschiede zwischen Regierung und Opposition deutlich, dass NRW ein Armutsproblem hat.

Als Schwerpunkte identifiziert der Bericht im Zehn-Jahres-Vergleich die Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl und der Bevölkerungsdichte müssten das Ruhrgebiet und Berlin als die armutspolitischen Problemregionen Deutschlands angesehen werden.(…)

Gleichzeitig ist es auch 2015 das Ruhrgebiet, das die Armutsentwicklung Nordrhein-Westfalens prägt. In keiner anderen Region dieser Größenordnung wuchs die Armut im Zehn-Jahres-Vergleich so stark wie im dort (von 16,2 auf 20,2 Prozent).

RP-Online

Nun könnte man sagen, dass dies auch eine Chance für die SPD ist, die seit der Kanzlerkandidatur Martin Schulzes deutlich klarer auf soziale Gerechtigkeit setzt wie auch die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Allerdings ist von einem überzeugenden Wirtschaftskonzept weder für NRW noch für die Bundesrepublik bislang die Rede gewesen. Oder es ist zumindest nicht deutlich an die Öffentlichkeit geraten. Liegt das daran, dass sich die Berichterstattung sich zu sehr um leicht konsumierbare Plakatfragen dreht oder daran, dass die SPD kein solches Konzept hat?

Viele Fragen, eine Zuspitzung

Es ist erstaunlich, wie viele Fragen es zur heutigen Landtagswahl gibt, die als Testlauf für die Ausrichtung in ganz Deutschland ausgerufen wird. Ob sich eine Ablösung der Regentschaft Merkels abzeichnet, ob Schulz noch ein SPD-Turbo ist, ob Staus die Wahl entschieden, die Inklusion in der Schulpolitik, die Kölner Silvesternacht, die Versäumnisse bei Anis Amri, ob es energiepolitisch zu viele Auflagen unter Rot-Grün gegeben hat, was die Wirtschaft stocken ließ, ob entschieden genug gegen Islamisten vorgegangen wurde und noch einiges mehr.

Die Grenze zwischen Landtagswahl und bundespolitischen Testlauf verschwimmt, fassbare politische Absichten treten gegenüber verschwommenen Absichten, die mit möglichst telegenem Selbstbewusstein, kommunikationssicher vorgetragen werden, in den Hintergrund.

13,1 Millionen Stimmberechtigte haben bis 18 Uhr Zeit, sich in Wahllokalen zu entscheiden. Nach jüngsten Umfragen kommt die SPD in ihrem Stammland, dessen Bedeutung als bundespolitischer Trendsetter unzählige Male hervorgehoben wurde, nicht mehr auf ihr tolles Ergebnis von 2012 mit 39,1 Prozent. Sie muss sich demnach mit knapp über 30 Prozent begnügen.

Trends der Forschungsgruppe Wahlen - Merkel hat nichts zu verlieren

Auch ihr Koalitionspartner, die Grünen, dürfen die 11,3 Prozent von 2012 nicht mehr erreichen. Dafür werden die CDU 32 Prozent vorhergesagt. 2012 erreichte sie nur 26,3 Prozent. Die FDP darf dagegen mit einem dicken Plus rechnen, von 8,6 Prozent bei der letzten Wahl auf ein zweistelliges Ergebnis um die 13 Prozent. Die Linke könnte den Sprung ins Parlament schaffen. 2012 schaffte sie nur 2,5 Prozent.

Die AfD kommt wahrscheinlich als neue Partei ins Parlament. Ihr sagt die Forschungsgruppe Wahlen 6,5 Prozent voraus. Die Piraten werden sich auch aus diesem Landesparlament, ihrem letzten, verabschieden. Die Wahlbeteiligung 2012 lag bei 59,6 Prozent.

Rechnerisch wahrscheinlich ist eine Große Koalition, wobei es hier darauf ankommt, wer von den beiden großen Parteien die Mehrheit und damit den Ministerpräsidenten stellt. Hannelore Kraft hat einen Beliebtheitsvorsprung gegenüber ihrem Konkurrenten Laschet, aber wie gesehen, bei dieser Wahl spielt vieles eine Rolle.

Merkel hat nichts zu verlieren, resumiert ein Wahrscheinlichkeitsvergleich aller möglichen Konstellationen von n-tv. Dass die CDU mit Laschet den neuen Ministerpräsidenten stellt, habe niemand erwartet, so könne die Partei nur gewinnen, weil sie in jedem Fall besser abschneiden werden als 2012 und die SPD schlechterSämtliche Dreierbündnisse werden in der Gegenüberstellung dieser Koalitionen mit der Großen als weniger wahrscheinlich eingestuft.