Warum Fred Kogel heiraten sollte

Das Fernsehen macht auf modern, hat aber in Wirklichkeit mehr mit Erbdynastien zu tun

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Einer wie Fred Kogel ist Grundausstattung jeder Soap. In wilden Jugendjahren imitierte der mit Haaren bis fast zum Arsch John Travolta. Heute feiert er als Sat 1-Chef beim Filmekaufen in Hollywood mal eben die Nacht durch und lässt sich am Morgen drauf "was Asiatisches" auf den Arm tätowieren. In Soaps geht das. In der großen Familiensoap Privatfernsehen nicht. Die Kirch-Gruppe will Sat 1 mit Pro Sieben und Kabel 1 zur Senderfamilie machen - und das lieber ohne einen Geschäftsführer, der auf Unabhängigkeit pocht, gar einen mit Tattoo.

Seitenscheiteljurist und Pro Sieben-Vorstandschef Urs Rohner hat da bessere Chancen. Das Fernsehen macht einen auf modern, hat aber in Wirklichkeit mehr mit Erbdynastien zu tun. Die großen Medienfamilien Springer und Kirch funktionieren nach dem Prinzip der großen Kinomafiadynastien aus den 70ern: Die Familie hat das Sagen, beraten und managen lässt sie sich von hörigen und aufstiegswilligen Akademikern. Leo Kirch lenkt mittels Unternehmensstiftung die operativen Geschäfte allein. Als Consiglieres betätigen sich Ex-DG-Bank-Chef Helmut Guthardt und Peter Gauweiler, Jurist Dieter Hahn managet. Erben aber wird Sohn Thomas.

Bei Sat 1 lässt Kirch 41 Prozent noch einem anderen Herrschergeschlecht, den Springers. Etwas ungewöhnlich für eine Dynastie, dass Friede Springer das Geschäft schmeißt. In Medien trägt sie oft die Berufsbezeichnung "Verlegerwitwe". Zu Unrecht. Wer bei Friede ausgeschissen hat, ist - nun ja - unten durch. Aufsichtsratsvorsitzender Bernhard Servatius hatte von Axel Springer bis 2015 die Testamentsvollstreckung garantiert bekommen - 1996 aber musste er sie abgeben, offenbar weil er bei Friede in Ungnade fiel. So läuft's in Clans. Und wenn zwei wie Kirch und Springer aneinandergeraten, muss mindestens ein Kogel dran glauben. Springer will ebenso wenig wie er, dass Sat 1 in einer Kirch-TV-Familie untergebuttert wird, aber man hat halt nicht so viel Einfluss.

Wie zwei Medienfamilien erfolgreich zur Senderfamilie werden, machen Bertelsmann und die WAZ vor: Zusammen verwerten sie die RTL-Verwertungskette. Und bauen dabei auf ein etwas älteres Prinzip als die Mafiaimitatoren bei Kirch und Springer: Die deutsch-österreichische Freundschaft. Selbst die Süddeutsche empörte sich über die Medienösterreicher im Geschäft: "eine Seilschaft mit vielen Knoten". Die siebeneinhalb Millionen hinter und zwischen den Alpen sind eh alle irgendwie verwandt. Kein Wunder, dass RTL läuft, wie es läuft: Ex-Geschäftsführer Thoma, Jetzt-Geschäftsführer Gerhard Zeiler, Chefredakteur Hans Mahr und die halbe Führungsmannschaft sind Ösis, eine große Familie.

Das Familienfetisch ins Extrem treiben die WAZ-Männer. Wie mittelalterliche Potentaten tun sie alles, um das Gut in Familienbesitz zu halten: Verlagsgeschäftsführer Günther Grotkamp heiratete eine der Gesellschafterinnen, der andere Geschäftsführer Erich Schumann wurde weit jenseits der 50 adoptiert - von WAZ-Mitgründer und Mitbesitzer Erich Schumann. Seinen leiblichen Sohn - einen netten Hobbyphilosophen und Ökobauern - enterbte der Herr.

Eigentlich Stoff für die RTL-Journalisten-Soap "Großstadtträume". Aber nein, hier ist ja die WAZ beteiligt. Also legen sich Hausbesitzer auf Herausgeberinnen, die auf Schreibtischen liegen. Fred Kogel sollte schnellstens heiraten oder sich adoptieren lassen.