Warum Trump gegen die Möglichkeit der Briefwahl kämpft

Bild: DoD

Die Präsidentschaftswahl im November könnte während der anhaltenden Corona-Krise im Chaos enden

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In drei Monaten finden die Präsidentschaftswahlen in der USA statt. Heftig wird erneut daran gearbeitet, US-Bürgern wie Straftätern die Wahlberechtigung abzusprechen oder ihnen die Teilnahme zu erschweren. Dafür wird u.a. die Notwendigkeit benutzt, dass sich die Bürger vor der Wahl registrieren müssen, was kompliziert und zeitaufwändig sein kann. Auch die Lage und Zahl der Wahlbüros kann die Stimmabgabe etwa durch lange Wartezeiten in bestimmten Vierteln erschweren, was besonders deswegen ins Gewicht fällt, weil die Wahl werktags stattfindet.

Ein Streitpunkt zwischen Donald Trump und republikanischen Politikern und den demokratischen Politikern hängt mit der Coronavirus-Pandemie zusammen, die sich gerade in den USA weiter ausbreitet und das Land zum Covid-19-Hotspot macht. Während Trump weiter auf Lockerung der Schutzmaßnahmen drängt, um die Wirtschaft anzukurbeln, haben manche Bundesstaaten und Städte wieder angesichts von Rekordzahlen an bestätigt Infizierten die Öffnungen zurückgenommen. Dr. Anthony Fauci, der Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases, und Trump-Berater, hatte gewarnt, dass schnelle Lockerungen die Infektionszahlen wieder in die Höhe treiben. Doch Trump spricht offenbar mit Fauci nicht mehr und versucht stattdessen, ihn zu diskreditieren.

Die Verharmlosung von Covid-19 durch Trump geht auch soweit, darauf zu dringen, dass die Wahlen weitgehend in Wahlbüros vor Ort stattfinden sollen. Briefwahl soll möglichst unterbleiben. Donald Trump warnte, dass damit Wahlbetrug einhergehen könnte, er setzte schon einmal einen Tweet ab, dass im Ausland Millionen von Wahlzetteln gedruckt, massenhaft Wahlzettel aus den Wahlkästen gestohlen oder Unterschriften gefälscht würden. Twitter wies unter dem Tweet auf den Factcheck zu Briefwahlen hin. Überhaupt spielt Trump schon lange damit, dass die Wahl manipuliert werden könnte. Spekuliert wird darüber, was er machen würde, sollte er die Wahl verlieren. Manche befürchten, er könnte seinen Rücktritt verweigern und seine Anhänger auf die Straße schicken.

GET RID OF BALLOT HARVESTING, IT IS RAMPANT WITH FRAUD. THE USA MUST HAVE VOTER I.D., THE ONLY WAY TO GET AN HONEST COUNT!

Donald Trump

Gesundheitsbehörde empfiehlt Optionen, die den Kontakt minimieren

Ein Hintergedanke, besonders gegen die Briefwahl auch in Zeiten der Pandemie zu opponieren, dürfte sein, dass Trump-Anhänger das Infektionsrisiko weniger scheuen als Wähler des demokratischen Konkurrenten, die aus Vorsicht eher auf Briefwahl setzen. Schließlich haben auch demokratische Regierende in Städten und Bundesstaaten eher und schärfere Lockdownmaßnahmen erlassen. Nach einer Umfrage im Mai ist mit 58 Prozent der Amerikaner die Mehrheit dafür, dass jeder das Recht haben soll, an der Briefwahl teilzuhaben. Das sagen 82 Prozent der demokratischen Wähler, aber nur 31 Prozent der republikanischen.

Die Gesundheitsbehörde CDC hat allerdings gewarnt, dass das Wählen in den Wahlbüros mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko einhergeht. Empfohlen wird zwar nicht die Briefwahl, aber alle Möglichkeiten, um "Kontakt zu minimieren". Die Behörden werden aufgefordert, viele Optionen zur Stimmabgabe einzurichten, die Wahlzeit über mehr Tage oder Stunden auszudehnen und die Zahl der Wähler zu verringern, die sich gleichzeitig in den Innenräumen befinden. Zudem werden zahlreiche Empfehlungen gegeben, welche Hygiene- und Distanzmaßnehmen zu ergreifen sind. Bei der Briefwahl sollen die Mitarbeiter der Wahlbüros sich häufig die Hände waschen, man solle die Wahlunterlagen drei Stunden nach Eingang erst bearbeiten, auch Maschinen müssten regelmäßig desinfiziert werden

Seit vielen Jahren steigt der Anteil der Briefwähler an. 1996 wählten noch 90 Prozent in den Wahlbüros und weniger als 10 Prozent nahmen an der Briefwahl teil. 2018 gingen nur noch 60 Prozent ins Wahlbüro, während 23 Prozent die Briefwahl vorzogen. Der Rest, über 16 Prozent, nahm am Early Voting teil. Dieses Jahr ist absehbar, dass sehr viel mehr, manche sprechen von bis zu 70 Prozent, aus Sicherheitsgründen, aber auch zur Vermeidung der üblichen Erschwernisse und auch Bedrohungen, an der Briefwahl teilnehmen werden, wenn sie es können. Damit könnten viele Wahlbezirke, die sich nicht entsprechend vorbereitet oder auch zu wenig Geld dafür haben, überfordert sein. Kalifornien unter demokratischer Regierung setzt hingegen auf Briefwahl. Ein Grund muss nicht genannt werden, die Anmeldung kann am selben Tag automatisch bestätigt werden.

Briefwahl könnte Misstrauen in Wahlergebnis fördern

Schon jetzt kam es bei Wahlen in letzter Zeit vor, dass viele Wahlbriefe als ungültig behandelt wurden, obgleich die Teilnahme an der Briefwahl noch relativ niedrig lag. In einigen Bundesstaaten wurden die angeforderten Wahlunterlagen gar nicht erst zugeschickt. Gründe für die Abweisung sind u.a., dass eine korrekte Unterschrift fehlt oder dass der Wahlbrief zu spät einging. Besonders während der Corona-Krise kann es durchaus sein, dass ein Brief rechtzeitig abgeschickt wurde, aber zu spät, also nach Schließung des Wahlbüros, ankam. Nach einer Analyse von NPR betraf dies in den letzten Monaten in den Bundesstaaten durchschnittlich ein Prozent der Wählerstimmen, die nicht gezählt wurden. Mitunter können es auch mehr als 5 Prozent sein wie in Virginia.

Vermutet wird, dass Fehler eher Erstwähler machen, also junge Menschen, Schwarze und Latinos, die wiederum eher Biden als Trump wählen. Das kann aber im November bei einem knappen Wahlausgang wie 2016 durchaus wahlentscheidend sein, vermutlich wird es aber mit Millionen von Wahlbriefen oft ein Chaos und viele ungültige Stimmen geben. Demokratische Abgeordnete haben Gesetzesentwürfe eingebracht, die die Briefwahl für alle erleichtern sollen. So sollen beispielsweise keine Gründe genannt werden müssen, um eine Briefwahl zu beantragen, während republikanische Politiker in Tennessee und Texas fordern, dass die Covid-19-Pandemie nicht als Grund anerkannt werden soll.

Oder es sollen Briefe, die rechtzeitig abgeschickt wurden, anerkannt werden, auch wenn sie später kommen. Das kann die Verkündigung des offiziellen Wahlergebnisses um Tage, vielleicht Wochen hinauszögern. Das könne Misstrauen und Fake News verstärken, argumentieren Republikaner. Aber auch Wahlexperten sagen, dass es problematisch werden könnte, wenn am Wahltag Trump die Mehrheit erreichen, aber dann Biden einige Tage später mit der Briefwahl Wahlsieger würde.

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