Warum solche Sturmfluten nur alle 500 Jahre kommen – und ab jetzt öfter

Bild: Screenshot NDR

Die westliche Ostsee erlebte ein historisches Wetterereignis. Die Schäden sind groß, die Prognosen unterschätzten die Flut. Was uns in Zukunft erwartet und warum.

So etwas hat man an der Ostseeküste seit sehr langem nicht mehr gesehen. In der Nacht von Freitag auf Samstag warf ein starker Sturm mit Orkanböen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zahllose Bäume um. Da diese auch im Norden noch meist grün und annähernd vollständig belaubt sind, hatte der Wind besonders stark an ihnen zerren können.

Hinzu kam eine Sturmflut. In Sassnitz auf Rügen wurde die Promenade zerstört, in vielen deutschen und dänischen Häfen gingen zahlreiche Sportboote unter oder wurden an Land geworfen. Allein im Kiel-Schilkseer Olympiahafen sollen 30 Skipper betroffen sein. Auf Fehmarn wurde eine junge Frau in ihrem Auto von einem Baum erschlagen.

Besonders hoch stieg das Wasser in Flensburg, wo in der Nacht auf Samstag 2,27 Meter über Normal Null am Pegel abgelesen wurden, wie der Norddeutsche Rundfunk NDR berichtet. In Schleswig-Holstein wurden an verschiedenen Stellen Deiche beschädigt oder gar durchbrochen.

Auch in Dänemark sprach man schon im Vorfeld von einem historischen Hochwasser, wie es seit über 100 Jahren nicht mehr aufgetreten sei. Wasserstände von 1,9 bis 2,4 Metern über Normal Null waren vorhergesagt worden.

Mancherorts waren es dann die höchsten, jemals registrierten Pegelstände. Besonders in Südjütland, nördlich der Grenze zu Deutschland wurden in Sønderborg, Hadersleven und Aabenraa Pegelstände über zwei Meter registriert. Die Ursache waren nicht nur die hohen Windstärken, sondern auch die lange Dauer des starken Windes.

Schon seit Mittwoch drückte der steife Ostwind das Wasser in die westliche Ostsee. Dort staute es sich an den Küsten, da die Durchlässe zur Nordsee relativ eng sind.

Der dänische Sender DR schreibt auf seiner Internetseite, dass sich an längeren Zeitreihen von Pegelständen abschätzen lässt, wie oft ein bestimmter Wasserstand auftritt. Demnach war die Sturmflut vielerorts ein Ereignis, wie es nur sehr selten auftritt.

In Gedser auf Falster, nördlich von Rostock, stieg das Wasser so hoch, wie statistisch gesehen nur alle 200 Jahre. Weiter im Westen, in Fynshav auf der Insel Als nördlich von Flensburg, handelte es sich gar um eine 500-Jahre-Flut.

Auch in Deutschland war an den Küsten bereits seit Tagen vor einer schweren Sturmflut gewarnt worden. Allerdings wurden dort deutlich niedrigere Wasserstände vorhergesagt, als schließlich eintrafen.

Meeno Schrader, der seit vielen Jahren für den NDR das Wetter analysiert und regionale Vorhersagen aufbereitet, führt die fehlerhaften Prognosen darauf zurück, dass zum einen die Windstärken vom Vorhersagemodell etwas unterschätzt worden seien und zum anderen die Hochwasserprognosen auf den Daten vergangener Ereignisse aufbauen, aber ein solches, wie auch die dänische Analyse gezeigt hat, in den letzten mehr als hundert Jahren nicht aufgetreten ist.

Ansonsten weist er darauf hin, dass das Orkantief über England, dass den Sturm ausgelöst hat, ein für die Jahreszeit sehr niedrigen Luftdruck in seinem Zentrum hatte und daher auch besonders starke Winde verursacht hat. Das Wetter würde mit dem Klimawandel offensichtlich immer extremer, sodass man sich auf derlei künftig einstellen müsse.