Weißrusslands Annäherung an den Westen

Die Wirtschaft des Landes gerät durch die Bindung an den Rubel in den Abwärtssog

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

"Das gibt es nur in Weißrussland", so das Internetportal der Zeitung "Nascha Niwa" am Dienstag. Am 23. Dezember empfiehlt die Nationalbank den weißrussischen Banken den Dollar teurer zu kaufen, als sie ihn verkaufen, um dem Schwarzhandel entgegenzuwirken.

Aufgrund des schwachen russischen Rubels, an den der weißrussische Rubel gekoppelt ist, gerät die Wirtschaft des osteuropäischen Landes immer mehr in den Abwärtssog.

Da seit Ende letzter Woche eine Gebühr von 30 Prozent auf jeden Währungstausch erhoben wird, lebt der illegale Währungstausch wieder auf. Internetshops, die die Preise angehoben oder in Dollar angegeben haben, wurden bereits durch den Staat gesperrt.

Präsident Lukaschenko erklärte zu seinem Besuch in Moskau, er sei nicht mit dem Hut in der Hand gekommen. Bild: belta.by

Staatspräsident Aleksander Lukaschenko, der sein Land seit zwanzig Jahren diktatorisch regiert, versucht derzeit, vom angeschlagenen Partner Russland abzurücken und dem Westen freundliche Signale zu schicken. Und die kommen zurück - am Montag gewährte die Weltbank dem Land einen Kredit von 250 Millionen Dollar, um die Infrastruktur zu verbessern. Auch ein IWF-Kredit läuft.

Das Treffen mit dem ukrainischen Staatspräsidenten Petro Poroschenko am Sonntag in Kiew ging Russland jedoch entschieden zu weit. Lukaschenko hatte der Ukraine eine umfassende "Hilfe", also wirtschaftliche Zusammenarbeit, angeboten. Dies bedeutete ein Unterlaufen der Eurasischen Wirtschaftsunion, die im Mai von Russland, Weißrussland und Kasachstan als Gegenmodell zur EU gegründet wurde.

Zudem wurde eine Kooperation auf der Ebene des Staatsfernsehens besprochen, Weißrussen sollen bald das ukrainische Staatsfernsehen empfangen können und so die ukrainische Sicht der Dinge näher kennen lernen. Für Moskau eine Annäherung an die USA.

Das Verhältnis zwischen beiden Nachbarländern gilt schon länger als belastet, vor allem da die ehemalige Sowjetrepublik das russische Handelsembargo gegen den Westen unterlief, in dem es deren Produkte nach Russland verkaufte. Russland hat nun faktisch wieder eine Zollgrenze eingeführt.

"Wir sind nicht mit offenen Armen empfangen worden", räumte gestern in Moskau Lukaschenko gegenüber der weißrussischen Nachrichtenagentur Belat ein. Der Präsident weilte dort unter anderem, um Sicherheitspolitik wie die Aufnahme Kirgisistans in die Europäische Wirtschaftsunion zu besprechen und deren Start für den Januar feierlich zu beschließen.

Doch Lukaschenko störte die Feststimmung - in harschen Worten verurteilte er in Moskau die Exporteinschränkungen gegen weißrussische Waren. Aber auch Russland geht nicht zimperlich mit dem schnauzbärtigen Alleinherrscher Weißrusslands um. Aleksej Puschkow, Vorsitzender des internationalen Ausschusses des russischen Parlaments, hatte Anfang dieser Woche gedroht, dass sich schon Gaddafi, Hussein und Milosevic mit Amerika verbündet hätten: "Wir wissen ja, wie das geendet hat."

Seit Wochen reden russische Medien offen darüber, dass Lukaschenko dem ehemaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch gleiche und dass auch der weißrussische Diktator durch eine Volkserhebung in Bedrängnis geraten könne. Lukaschenko hat darum vorsorglich am Freitag die Webseiten kritischer Portale und Zeitungen blockieren lassen, um einer zu aufrührerischen Stimmung in der Bevölkerung vorzubeugen. Darunter ist auch die Nachrichtenagentur BielaPan, die gegen die "brutale Attacke auf das freie Wort" protestierte. Darin gleichen sich Aleksander Lukaschenko und Wladimir Putin - nichts fürchten sie mehr als eine Maidan-Bewegung in Minsk beziehungsweise Moskau.