Weniger Nutztiere für mehr Klimaschutz

Bald auch noch mit Spezialmaske? Für den gewohnten Fleischkonsum atmen die unfreiwilligen Lieferanten zu viel Methan aus. Foto: CeKay_24 auf Pixabay (Public Domain)

Im Fokus der Weltklimakonferenz stand auch das Treibhausgas Methan. Trotz "technischer Lösungen" für Nutztiere kommen wir nicht umhin, unseren Fleischkonsum zu reduzieren

Methan gilt als zweitschädlichstes Treibhausgas. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es rund 25 Mal stärker wirkt als Kohlenstoffdioxid. Bereits in kleinen Mengen befeuert es den Treibhauseffekt. Damit trägt es einerseits erheblich zur Erderwärmung bei, andererseits kann es aber auch schnell wieder abgebaut werden.

Einer Statistik des Weltklimarats (IPCC) zufolge ist Methan für die Hälfte der bisherigen Klimaerwärmung von rund einem Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit verantwortlich. Aufgrund der globalen Erwärmung tritt es nun auch aus den auftauenden Böden der Arktis aus, wo es jahrtausendelang eingelagert war.

Ein beträchtlicher Anteil der Methan-Emissionen entsteht im Agrarsektor. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) emittiert die Viehwirtschaft jährlich 5,24 Gigatonnen Treibhausgase. Das sind 7,1 Gigatonnen oder 14,5 Prozent aller Kohlenstoffemissionen weltweit.

Den Ausstoß von Methan zu reduzieren sei eines der effizientesten Dinge, die man tun könne, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) auf der Weltklimakonferenz. Bis 2030 sollen die Methanemissionen um mindestens 30 Prozent gegenüber 2020 gesenkt werden. Mehr als 100 Staaten haben sich im September einer von der EU und den USA ins Leben gerufenen Initiative zur Reduzierung des Ausstoßes von klimaschädlichem Methan angeschlossen, darunter Deutschland, Frankreich, Kanada, Israel und Japan. Wirtschaftlich wichtige Länder wie Indien, China und Russland sind allerdings nicht darunter.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigt sich von den Ergebnissen der kürzlich beendeten Weltklimakonferenz in Glasgow eher enttäuscht: Fünf Jahre nach Inkrafttreten des Pariser Klimaschutzabkommens sei die internationale Staatengemeinschaft nicht in der Lage, einen detaillierten Plan aufzustellen, um die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, kritisierte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.

Es gebe einfach zu wenig glaubhafte, ambitionierte, faire und verbindliche Maßnahmen. Stattdessem setze man alle Hoffnungen auf Emissionsausgleich durch Zukauf von Zertifikaten. Zudem wurde versäumt, dafür zu sorgen, dass die Länder des globalen Südens ausreichend finanziell unterstützt werden, um sich an die Klimafolgen anzupassen.

Der NABU bewertet als positiv, dass gesunde Ökosysteme wie Moore, Wälder und Seegraswiesen als natürliche Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise überhaupt erwähnt wurden. Mit einem mutigen Sofortprogramm müsse die kommende Regierung nun zeigen, dass sie den Beschluss von Glasgow und die Grundrechte kommender Generationen ernst nimmt, mahnt Sabine Beck von Greenpeace. Mit einer klar auf 1,5 Grad ausgerichteten Politik könne sie der europäischen und internationalen Klimapolitik neue Kraft geben.

Katalysatoren über Nüstern sollen Methan reduzieren

Glaubt man Francisco Norris, so stammen rund 95 Prozent der Methan-Emissionen in der Nutztierhaltung aus Rindermäulern und Rindernasen. Der Unternehmer entwickelte kürzlich eine Nasenmaske, die direkt über den Nasenlöchern festgezurrt wird und von Rindern ausgeatmetes Methan einfängt und oxidiert. Von einem Sensor wird erfasst, wie viel Prozent Methan die Kuh ausatmet.

Steigt dieser Gehalt, beginnt die Maske den Oxidationsprozess. Ein Katalysator wandelt das Methan in Kohlendioxid und Wasser um und wirft es aus der Maske heraus. Nebenher verfolgt das Gerät die Position von Rindern über einen GPS-Chip und misst Fütterungsaktivitäten. Auf diese Weise werde das globale Erwärmungspotential von Methan auf weniger als 1,5 Prozent seines ursprünglichen Wertes reduziert, erklärt Norris, der mit dem von ihm gegründetem Start up namens Zelp (Zero Emission Livestock Project) die Methan-Emissionen um bis zu 60 Prozent reduzieren will. Angeblich hat das Gerät keinen Einfluss auf Verhalten oder Fütterung der Tiere.

Auch Viehfutterzusätze können den Verdauungsprozess verändern und bei der Reduzierung von Methangas in Rindermägen helfen. Auf der andern Seite können chemische Zusätze zum Problem für die Tiere und deren Produkte werden. So gab es aufgrund von Zusatzstoffen einige Fälle von SDS-Todesfällen (Plötzliches Todessyndrom).

Mikrobiologische Lösungen

Bereits 2016 wurde eine Studie veröffentlicht, in der Forscher eine Methode fanden, über das Molekül 3-Nitrooxypropanol (3-NOP) direkt auf die methanbildende Mikroorganismen im Verdauungstrakt der Tiere einzuwirken. Dem Tierfutter beigefügt, hemmt das Molekül die Mikroorganismen und inaktiviert ein Enzym, das für die Methanbildung zuständig ist. Bei Wiederkäuern werde das Methan zu mehr als 90 Prozent durch Rülpsen freigesetzt, erklärt Rudolf Thauer vom Marburger Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie.

Weil ein Teil der Kalorien als Methan verschwindet und der Kuh nicht mehr zur Verfügung steht, werde auf diese Weise Energie verschwendet. Mit Hilfe der neuen Methode kann die Methanbildung der Mikroorganismen um bis zu 50 Prozent reduziert werden, ohne dass dies einen negativen Einfluss auf die Tiere habe. Seit Jahrzehnten gebe es Versuche, die Methanbildung bei Wiederkäuern zu hemmen - bislang ohne Erfolg, erklärt Prof. Dr. Gerhard Breves, ehemaliger Leiter des Physiologisches Instituts an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Wichtig bei der Zugabe solcher Substanzen sei es, den Wasserstoff zu eliminieren, der sich im Vormagensystem von Wiederkäuern ansammelt. Andernfalls könnte sich der Wasserstoff dort anreichern, und dies wirke sich negativ auf die Mikroorganismen aus. Das synthetische Molekül werde schnell metabolisiert und zerfalle in Verbindungen, die im Pansen der Kuh auch natürlicherweise vorkommen, heißt es.

Inzwischen bestätigt auch eine Studie der Pennsylvania State University, dass durch die Zugabe von 3-Nitrooxypropanol zum Futter von Milchkühen deren enterische Methan-Emission bereits um etwa 25 Prozent reduziert wird.

Allerdings gibt es auch andere wissenschaftliche Meinungen zur Klimawirkung von Methan-Emissionen von Wiederkäuern. Man sollte vorsichtig damit sein, Methan aus fossilen Quellen mit Methan aus der Tierhaltung zu vergleichen, meint der Wissenschaftler Albrecht Glatzle. Mit seinen Forschungsergebnissen will der Agrarbiologe beweisen, dass Nutztiere keinerlei Risiko für das Erdklima darstellen. Ihm zufolge ist weder in der geografischen Verteilung noch in der Entwicklung der mittleren atmosphärischen Methankonzentration ein eindeutiger Fingerabdruck von Nutztieren gefunden worden.

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