Wenn die Guardia Civil einen Bodyguard erschießt...

Spanien bietet einen Blick in die unsichere Zukunft von sich vermehrenden Sicherheitskräften

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Larratxo ist ein hässlicher Stadtteil des Seebads Donostia - San Sebastian im spanischen Baskenland. So hässlich wie Larratxo sind auch die Ereignisse um den Tod eines Bodyguards in dem Stadtteil an der Autobahn und neben den Hochhausburgen Altzas. Dass Personenschützer, die ihr Leben beim Schutz von bedrohten Politikern verlieren, nicht gleich sind, hat sich am Dienstag gezeigt. Auch hier zählt nur, wer die tödliche Kugel abfeuert.

Was ist passiert? Dienstag nach Ostern. Ein trüber Morgen nach sonnigen Feiertagen. Die sozialistische Stadträtin Ainhoa Villanúa geht, begleitet von ihrem privaten Bodyguard Joseba Andoni Urdanitz einen Kaffee trinken. Als die beiden die Bar in Larratxo verlassen, rennen Personen (bewaffnet?) die Strasse hinab. Urdanitz fürchtet einen Anschlag der baskischen Separatistenorganisation ETA, die eine Woche zuvor einige Kilometer entfernt in Orio einen Parteifreund von Villanúa erschossen hat. Er stößt die Stadträtin hinter einen Container und eröffnet das Feuer.

Doch es handelte sich um Beamten der Guardia Civil, die ihn am letzten Tag seines Einsatzes für Villanúa ins Jenseits befördern. Statt als Held im "Kampf gegen den Terrorismus" wird Urdanitz so zum Politikum. Keine Politiker drängeln sich auf Demonstrationen und die Bänke zur Beerdigung bleiben leer.

Die Familie und die Kollegen des Toten fordern Aufklärung und Schutzwesten wie die Guardia Civil, als hätten die den Tod des Bodyguards verhindert. Sie wollen auch, dass Urdanitz als Terrorismusopfer anerkannt wird, was eine großzügige Rente und eine Entschädigung für die Familie bedeuten würde.

Die Regierung schweigt, während die Familie "eine humane Behandlung" fordert. "Ich bin doch kein Außerirdischer", sagt Vater Zacarias. So hat das Innenministerium der Familie nicht einmal das Beileid ausgesprochen oder sich für den Tod des 32jährigen Sohnes entschuldigt, nicht einmal eine offizielle Version des Hergangs gibt es. Die Kollegen und die Familien von Urdanitz haben deshalb einen Anwalt beauftragt, um die Ereignisse aufzuklären, denn es gäbe "viele obskure Elemente".

Das ist richtig, denn die Version, die die Medien liefern, die der Regierung nahe stehen, überzeugen nicht. Die Guardia Civil habe drei Kriminelle gejagt und festgenommen, heißt es. Doch wer sind diese drei ominösen Kriminellen, die eine Bank überfallen wollten? Sie sind namenlos und unterliegen der vier Tage dauernden "Inkommunikation" in der Kaserne der Guardia Civil, gleich gegenüber von Larratxo.

Doch die Kommunikationslosigkeit gilt nur im Anti-Terror Kampf und für die Jagd von gemeinen Verbrechern ist doch die baskische Polizei zuständig. Die Ertzaintza war wieder einmal nicht unterrichtet worden. So kommt es immer wieder vor, dass Trupps der beiden Sicherheitskräfte sich gegenseitig aufs Korn nehmen, weil sie die jeweils anderen für ETA-Mitglieder halten. Zwei Tote und zahlreiche Verletzte sind das bisherige Ergebnis. Seit auch 1.000 private Bodyguards - Tendenz steigend - für Sicherheit sorgen, muss auch mit steigender Unsicherheit gerechnet werden. Ein Toter und zwei Verletzte eröffnen diese Liste.