Wenn zwei sich heftig streiten, freuen sich meist die Juristen

Big Brother-Abmahnungen aus juristischer Sicht: "Man soll nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen"

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Wenn zwei sich heftig streiten, freuen sich meist die Juristen. Aber manchmal gibt's halt auch ohne deftiges Anwaltshonorar juristischen Beistand. Genau den haben jetzt aus Solidarität die Betreiber von Big-Brother-Fan-Seiten erhalten, denen vor kurzem Abmahnungsschreiben der zuständigen Produktionsfirma Endemol und der Agentur Aigner Media & Entertainment (AME) ins Haus geflattert sind (Die Abmahnungspraktiken der Firma Endemol).

Am Beispiel der dabei abgemahnten Seite "Zladkos-Welt" nimmt Jurist Jens Vogler in einem offenen Brief die Argumente der Gegenseite auseinander. Eine, wie er betont, rein persönliche Meinungsäußerung, "in welche freilich rechtliche Gesichtspunkte einfließen, da ich als Jurist die Dinge sicherlich anders betrachten kann als Homepagebetreiber ohne juristische Ausbildung."

Die konkreten Endemol-Vorwürfe - Verletzung des Copyrights, unerlaubte Wiedergabe eines Abbildnisses von Herrn Trpkovski (Zlatko) und Verwendung des Domainnamens "Zladkos-Welt" - hält Vogler, wie er in seinem Schreiben ausführlich begründet, aus rechtlicher Sicht keineswegs für stichhaltig.

Vor allem aber steht nach seiner Meinung das Vorgehen Endemols außerhalb jedes nachvollziehbaren Verhältnisses: "Im Verwaltungsrecht spricht man hierbei von der Unverhältnismäßigkeit der Mittel als Sanktion auf eine mögliche Rechtsverletzung, was zur Rechtswidrigkeit des betreffenden Verwaltungsaktes führt. Im Volksmund beschreibt man dieses Prinzip mit dem Satz: ,Man soll nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.'"

So wurde der Betreiberin der abgemahnten Netzseite eine Kostenlast auferlegt, "die unter Umständen den weiteren Lebensweg dieser jungen Dame negativ zeichnen wird." Dabei, meint Vogler, hätte man sie zunächst ja in einem einfachen Schreiben oder per Email auf den Rechtsverstoß aufmerksam machen und die weitere Unterlassung desselben verlangen können, "wobei eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung durchaus hätte angedroht werden können".

Das jedoch geschah nicht. Endemol präsentierte bekanntlich der jungen Frau gleich eine deftige Anwaltsrechnung in Höhe von rund 10.000 DM. - Und eigentlich wollte Jens Vogler seinen Brief nicht veröffentlichen, um eine weitere Verhärtung der Fronten zu vermeiden. Doch weil die von ihm geforderte "zeitnahe Reaktion" des Unternehmens Endemol ausblieb, kann man sein Schreiben nun auf der Netzseite der Aktion Schwarze Big Brother Woche nachlesen. Und Anfang der Woche soll der offene Brief dann auch anderen Medien zugestellt werden.