Werbegag oder Entwicklungshilfe?

Mit Vitaminen angereicherter Genreis für arme Bauern in Entwicklungsländern

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Da weiß man nicht so recht, ob man es als geglückte Strategie zur Durchsetzung von genmanipulierten Pflanzen oder tatsächlich als begrüßenswerte Tat verstehen soll. Wahrscheinlich aber ist schon so eine Frage falsch gestellt. Jedenfalls wurde von den Erfindern des sogenannten "Goldenen Reises" ein Abkommen mit den Firmen Greenovation und Zeneca erreicht, diese Reissorte, die mehr Provitamin A als gewöhnlich enthält, ohne zusätzliche Kosten für "humanitäre Zwecke in Entwicklungsländer" zu liefern, in denen viele Menschen erkranken, weil ihr Essen zu wenig von diesem Vitamin enthält.

Die Erfinder des "Goldenen Reises", Ingo Potrykus von der ETH Zürich und Peter Beyer vom Zentrum für Angewandte Biowissenschaften an der Universität Freiburg, haben mit Greenovation, einem 1999 gegründeten, mit der Universität Freiburg verbundenen Biotech-Unternehmen, und dem Konzern Zeneca Agrochemicals eine Vereinbarung getroffen, den genveränderten Reis ohne zusätzliche Kosten an Bauern in Entwicklungsländer zu liefern. Der Genreis enthält einen hohen Anteil an Beta-Karotin und anderen Karotinoiden, die Vorstufen des Vitamins A sind. Vitamin A Mangel ist in dicht bevölkerten Gegenden Asiens, Afrikas und Lateinamerikas weit verbreitet und führt jedes Jahr nach der FAO zur Erblindung von einer halben Million Kindern. Insgesamt sind 250 Millionen Menschen davon betroffen. Besonders betroffen sind die Menschen in Ländern, in denen Reis das vorherrschende Grundnahrungsmittel ist. Normaler Reis enthält kein Beta-Karotin.

Die beiden Wissenschaftler haben drei Gene in eine Reissorte eingefügt, aufgrund derer der Reis große Mengen an Beta-Karotin oder Provitamin A herstellt. Karotin ist beispielsweise auch für die Rotfärbung der Karotte verantwortlich und verursacht beim Reis eine gelbliche Färbung, weswegen der genveränderte Reis "Goldener Reis" genannt wurden.

Gary Toenniessen von der Rockefeller Foundation, die die Entwicklung dieser genveränderten Reissorte zusammen mit öffentlichen Geldern aus der Schweiz und der EU gefördert hat, begrüßte das Abkommen, weil es den Prozess der Test- und Bewilligungsverfahren beschleunigen werde: "Das Abkommen sollte sicherstellen, dass der 'Goldene Reise' die Menschen so schnell wie möglich hilft. Wir werden mit Freude den Fortschritt dieses Abkommens als ein mögliches Modell für andere öffentlichen und privatwirtschaftlichen Partnerschaften verfolgen, die den armen Menschen in den Entwicklungsländern helfen wollen."

Die Partner wollen in Zusammenarbeit mit Behörden die kostenlose Auslieferung des Saatguts an arme Bauern in den Entwicklungsländern ermöglichen und gleichzeitig damit aber auch die kommerzielle Entwicklung dieser Reissorte beschleunigen. Zeneca hat bereits angekündigt, diese Reissorte auch für den Gesundheitsmarkt in den Industrieländern zu entwickeln. Vor 2003 wird aber kein Anbau erfolgen können, da der Genreis erst noch weiter entwickelt und getestet werden muss. Vorgesehen ist, dass von Zeneca unter der Mitwirkung von Greenovation Samen an staatliche Zentren in den Entwicklungsländern geliefert wird und die Bauern jährlich daran 10000 Dollar verdienen können, ohne Lizenzgebühren zahlen zu müssen.

Das Interesse der Regierungen an der Beteiligung sei "überwältigend", sagt Potrykus: "Es wird immer Skeptiker geben, besonders in Europa, aber das ist eine humanitäre Aufgabe." Ganz umsonst ist der Reis allerdings nicht, er wird nur nicht teurer als normaler Samen verkauft. Für Zeneca und Greenovation ist die Vereinbarung eine geschickte Strategie, sich schneller am Markt etablieren und die neue Reissorte einführen zu können. Die Tests werden vermutlich nicht allzustreng überprüft werden, und die ja auch tatsächlich geleistete Hilfe für arme, mangelernährte Menschen lässt die übliche Kritik an den Genpflanzen abprallen, die meist nur mit Genen zur Pestizid- oder Herbizidresistenz ausgestattet wurden. "Für uns ist das eine phantastische Möglichkeit", so freut sich jedenfalls Haydn Parry von Zeneca, "unsere legitimen kommerziellen Interessen damit zu verbinden, den Erfindern dabei zu helfen, die Technik denjenigen Menschen zur Verfügung zu stellen, die sie brauchen."

Auch bei der jungen Firma Greenovation liegt der Werbeeffekt der Aktion nahe. Das Tptential der Biotechnologie sei gewaltig, liest man auf der Homepage. Noch sei zwar die Akzeptanz für Genlebensmittel gering, "aber die Konsumenten werden ihre Ansicht verändern, wenn sie direkt von den neuen Pflanzeneigenschaften profitieren." Ganz deutlich wird hier gemacht, dass dies eben bei Pflanzen mit Pestizid- oder Herbizidresistenz nicht der Fall sei, wohl aber möglicherweise bei Pflanzen, die eine größere Menge an Vitaminen oder anderen erwünschten Inhaltsstoffen hätten.

Kritisch ließe sich natürlich gegen den "gesunden" Genreis einwenden, dass Beta-Karotin weitverbreitet ist, so dass die Menschen nur mit anderen Nahrungsmitteln versorgt werden müssten. Aber das ist halt dann auch wissenschaftlich, technisch und kommerziell weniger interessant, weswegen Kritiker sagen, dieses ganze Projekt sei nicht viel mehr als eine Werbekampagne für Genpflanzen.