Wetten auf Scheidung als Geschäftsmodell

Die Zahl der Ehescheidungen sinkt, die der neugeborenen Kinder steigt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es ist nun amtlich, was man schon länger beobachtet hat, wenn man am Morgen unterwegs ist und in der Stadt die jungen Mütter und Väter sieht, die eilig ihre Kinder in den Hort bringen: Es gibt wieder mehr kleine Kinder (Deutschland: Höchste Geburtenziffer seit Wiedervereinigung). Das trifft auch auf die USA zu, wo die Geburtenrate 2014 erstmals seit 2007 wieder leicht angestiegen ist. Auch die Fertilitätsrate ist wieder von 1,85 auf 1,86 angestiegen und liegt damit deutlich höher als in Deutschland mit 1,47. Die Wall Street sprach gleich von einem "Wendepunkt" und bereitete die Amerikaner auf einen "baby bounce" vor.

Hinter der steigenden Zahl der Neugeborenen steckt wahrscheinlich hier wie in den USA, dass es mit der Arbeitslosigkeit nach unten und mit dem Lohn ein wenig nach oben gegangen ist. Aber wahrscheinlich auch, möglicherweise damit verbunden, eine neue Lust auf Familie und weniger Scheu davor, Verantwortung einzugehen. Nach einer Studie sollen Verheiratete "glücklicher" und mit ihrem Leben zufriedener sein, vor allem während stressigen Zeiten (Feste Beziehungen erhöhen die Lebenszufriedenheit).

Zur neuen Lust auf Familie dürfte auch das Heiraten gehören, zunehmend auch wieder kirchlich, obgleich das in der Regel eine ähnliche Maskerade ist, wie wenn die Menschen mit Dirndl und Lederhose auf die Wies'n gehen. Es gehört halt dazu, man schätzt wieder Traditionen. Die Frage ist, ob der Trend zur Versingelung gebrochen ist, der sich in der vernetzten Gesellschaft verstärkt hat, in der Bindungen durch Optionen und schnellen Wechsel ersetzt werden. Nach einer Erhebung von Pew Research aus dem Jahr 2014 wächst der Anteil der Menschen, die niemals verheiratet waren und niemals heiraten werden, weiter kontinuierlich an (Über die Hälfte der US-Amerikaner sind Singles). Die Erhebung arbeitete aber mit Zahlen aus dem Jahr 2012, so dass es möglicherweise seitdem eine Wende gegeben haben könnte.

Statistisch ist bis 2014 in Deutschland die Zahl der Eheschließungen in den letzten Jahren relativ stabil geblieben, 2014 gab es 386.134 Eheschließungen. Nicht einmal ein Jahr hielten 2014 nur 20 Ehen, nach einem Jahr zerbrachen schon mehr als 1000, und dann gibt es einen Sprung mit 3 Ehejahren auf 5600 Trennungen. Bei einer Ehedauer zwischen 5 und 8 Jahren finden mit jeweils 8000 Scheidungen die meisten Brüche statt, aber weniger als in den Jahren 1999 oder 2009, wo sich noch jeweils mehr als 10.000 wieder trennten. Danach sinkt die Zahl der Trennung kontinuierlich, aber flach ab, 2014 nach 25 Jahren trennten sich 3.586 Ehen. Insgesamt ist die Zahl der Scheidungen mit 166.199 deutlich in den letzten Jahren zurückgegangen und liegt nun wieder auf dem Stand von 1994. Im Jahr 2003 ließen sich mit 213.975 die meisten Paare scheiden, danach fiel die Zahl langsam, aber stetig.

Es finden also mehr Eheschließungen als Scheidungen statt. Das ist in den USA auch nicht anders, wo 2014 mehr als 2 Millionen Heiraten und mehr als 800.000 Scheidungen. Auch in den USA geht die Zahl der Scheidungen absolut zurück, aber auch relativ. 2014 wurden 3,2 Ehen pro tausend Einwohner geschieden, 2001 waren es noch 4,0. Aber es gehen auch die Eheschließungen zurück: von 8,2 pro tausend Einwohnern im Jahr 2001 auf jetzt 6,9.

Screenshot von der Website Swanluv.com

Trotzdem will nun ein Startup in Seattle auf Scheidungen setzen, um daran Geld zu verdienen. Paare, die innerhalb von 2 Jahren heiraten wollen, können sich ab Februar bei Swanluv bewerben, um bis zu 10.000 US-Dollar für die Heirat zu erhalten - geschenkt, "ohne versteckten Gebühren". Wenn die Ehe zerbricht, muss das Geld zurückgezahlt werden - mit Zinsen. Und die Zinsrate wird nach Kriterien bemessen, nach denen das Paar beurteilt wird. Die werden aber nicht mitgeteilt. Mitgründer Scott Avy erklärte, die Firma werde nicht direkt aus den Scheidungen Profit schlagen, die sollen dann eher, was nach Schneeballsystem klingt, andere Eheschließungen finanzieren. Man will mit Werbung Geld verdienen, näher ließ er sich aber nicht aus, ist halt ein Startup.

Falls eine Scheidung durch eine Misshandlung zustande kommt, soll nur der schuldige Partner zahlen. Paare sollten den Deal wohl nicht eingehen, schließlich ist die Scheidungsrate mit 40 Prozent der Eheschließungen hoch - und damit würden die Scheidungskosten noch höher. Swanluv setzt auf die Erregung von Aufmerksamkeit, ob damit Investoren angelockt werden können, ist doch sehr fraglich. Allerdings könnten sich Paare auch mit der Wette Geld schenken lassen, dass die Firma bald wieder verschwunden sein wird.