"Wir sind Elektrosmog- Erzeuger!"

Ärger um religiöse Aussendungen des Vatikan

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Kaum ist ein Deutscher Papst, schon gibt es Ärger in Rom: Radio Vatikan soll mit seinen Ausstrahlungen nachweisbar Schaden angerichtet haben. Nein, es geht nicht um die Inhalte der Sendungen, vielmehr um die zur Ausstrahlung benutzten Funkwellen.

In der Cesano-Region nördlich von Rom geben Lampen in Häusern mitunter religiöse Gesänge und Gebete von sich. Eine Marienerscheinung? Ein Wunder? Nein, zu starke Funkeinstrahlungen: So wie in Holzkirchen einst die Voice of America Töpfe auf dem Herd zum Musizieren brachte und in Hamburger Schrebergärten in den 50er-Jahren in der Nähe des NDR-Senders die Beleuchtung auch ohne Stromanschluss bereits brannte, wenn man nur die Anschlussstecker hoch genug aufspannte, leidet die Umgebung des Senders von Radio Vatikan unter rein funktechnisch zu erklärendem Spuk.

Doch während die Schrebergärtner sich noch über die niedrige Stromrechnung freuten, sorgte das Topfgeschepper in Holzkirchen für schlaflose Nächte. Nein, nicht weil man einen Besuch der GEZ befürchtete („Haben Sie diesen Topf auch angemeldet? Erst anmelden, dann kochen!“), sondern schlichtweg, weil sich das Getöse auch nachts nicht abstellen ließ – und so wirklich gesund sollen Funkwellen ja auch nicht sein, obwohl man sie beim HNO-Arzt bei hartnäckigen Entzündungen durchaus auf die Ohren oder die Stirn verpasst bekommt. Andererseits senden auch elektrische Enthaarer in ihre Pinzette auf 27 MHz im CB-Funk-Bereich. Allerdings haben Funker wiederum auch nicht öfters Glatzen als andere Männer.

Bei Päpsten und anderen Vatikanbewohnern sind Glatzen jedoch durchaus öfters zu sehen. Das allerdings liegt eher am Alter. Obwohl die Einwohner der Cesano-Region da vielleicht andere Theorien haben könnten. Die hatten nämlich keine Lust mehr auf die religiöse Zwangsbestrahlung und gingen gegen Radio Vatikan vor Gericht, das dort seine weltweit in 40 Sprachen zu hörenden Sender aufgestellt hatte.

Eine erste Untersuchung in 2001 ergab, dass die Feldstärke um die Sendeanlage deutlich über den zulässigen Grenzwerten läge. Eine Häufung von Krebs in der Region wurde der geistlichen Bestrahlung zugeordnet. Doch ein erstes Gerichtsverfahren in 2002 wurde abgebrochen, als ein Richter entschied, dass der italienische Staat nicht über Radio Vatikan als Station des unabhängigen Vatikansstaats entscheiden könne.

Diese Entscheidung war allerdings nicht von Dauer und das Gerichtsverfahren wurde wieder aufgenommen. Und nun wurden Kardinal Roberto Tucci und Priester Pasquale Borgomeo von Radio Vatikan zu jeweils 10 Tagen Knast verurteilt – auf Bewährung. Außerdem sollen sie die angerichteten Schäden – nach Ansicht des Richters mehrere Millionen Euro – und die Gerichtskosten zahlen.

Radio Vatikan-Programmdirektor Reverend Federico Lombardi war verblüfft: “Die Abstrahlungen sind innerhalb internationaler Normen und innerhalb Vereinbarungen zwischen Italien und dem Vatikan“. Raffaele Capone, Leiter einer Einwohnervereinigung in der Cesano-Region, hofft dagegen „dass der Sender aus unserer Gegend verschwindet und wir in Frieden leben können“. Roberto Della Seta, Vorsitzender der Umweltgruppe „Legambiente“, weist darauf hin, dass sie einen wichtigen Erfolg erzielt hätten, die Anwohner vor Elektrosmog zu schützen.

Elektrosmog? Dagegen setzt man Elektrosmogfilter in die Gasmaske, oder? Unserem neuen Papst mag das Urteil gegen Radio Vatikan allerdings vielleicht gar nicht so ungelegen kommen: Wenn Radio Vatikan die Sendeleistung reduzieren muss und so nicht mehr weltweit zu hören ist, kommt das bayrische Radio Horeb zu höheren Ehren – auf UKW in München, digital im Kabel und über Astra-Satellit in ganz Europa. Und damit auch im Vatikan. Host mi?