Wir sind Forscher, keine Ideologen

Das Internet als politisches Paradigma, warum die Ideen von sozialer Verantwortung und Liberalismus kein Widerspruch sein müssen

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Liebe Suchende,

die Zukunft ist ein wankelmütiges Biest. Wir wollen sie planen, wir wollen einen Blick riskieren, aber wir kennen sie nicht. Wenn die Zukunft Gegenwart wird, wird das Undenkbare denkbar. Nichts hat das besser gezeigt als die letzten zwei Monate. Die Beschleunigung der Veränderung ist so groß, dass wir Ziele erreichen können, die gestern noch utopisch schienen. Und dass wir scheitern, weil uns die Entwicklung überrollt. Das kann man schlimm finden und nach Sicherheit rufen. Oder gerade nicht.

Auf der letzten Open Mind im Herbst 2010 haben wir uns in die Brandung gestellt. Wir haben die großen Fässer aufgemacht. Was bedeutet Freiheit, was ist Ideologie, Urheberrecht, Privatsphäre? Wir haben Dinge hinterfragt, die längst entschieden scheinen. Für die es klare, einfache und falsche Antworten gibt. Wir haben Fragen gestellt, die nicht interessieren. Weil sie als Randphänomene abgetan werden. Wer, muss man fragen, hat sich vor einem halben Jahr schon für Netzpolitik interessiert? Jimmy Schulz von der FDP schätzt die Anzahl der Netzpolitiker im Bundestag auf fünf bis sechs. Warum tun wir uns das an? Warum wühlen wir in den Nischen, warum stellen wir Fragen für die Patentrezepte seit Jahrzehnten existieren? Baukastenfertig im IKEA-Versand.

  • Arbeitslosigkeit? - Wir brauchen Vollbeschäftigung?
  • Medienwandel? - Wir müssen die Nutzer einschränken?
  • Wirtschaftswachstum? - Sozialabbau!
  • Freiheit? - Fördert Kriminalität.

Die Schablonen wurden wie pawlowsche Reflexe in unser Hirn gemeißelt. Andere Lösungen wollen und dürfen nicht gedacht werden. Weil in Frage zu stellen, was vor 40 Jahren mal funktioniert hat, Kraft kostet. Die Kraft, neu zu denken. Es knirscht im Getriebe und als Antwort wird die Musik lauter gestellt. Man berauscht sich am Getöse aus Binsenweisheiten und Milchmädchenrechnungen. Bis zum Totalschaden.

Das muss nicht so sein. Es gibt die Möglichkeit zu lauschen, hinzusehen, nachzudenken zu diskutieren. Die Möglichkeit davonzurennen gibt es nicht. Als ich vor einem Jahr hier stand, habe ich gesagt: Ich bin sehr, sehr froh, dass die Piraten noch existieren. Denn irgendwann wird dieses Vehikel, wird die Piratenpartei wieder gebraucht werden. Ich habe damals an eine neue Zensursula gedacht, an Sendezeitbegrenzung im Internet. An die digitale Todesstrafe von Siegfried Kauder, den nächsten großen Anschlag auf unsere bürgerlichen Freiheiten. Einen grundgesetzwidrigen Landestrojaner vielleicht. An ein Fukushima der Netzpolitik.

Woran ich nicht gedacht habe, waren 8,9% in Berlin. 8,9%. Das muss man erst einmal begreifen.

Da sehen wir frische, junge, ehrliche Plakate in Berlin. Da gehen ein paar Piraten hinaus auf die Straße und reden mit den Bürgern. Eine Umfrage sieht sie bei 3%. Da fällt ein kleiner Dominostein, eine zweiter, ein dritter, die Medienmaschinerie läuft an. Da wird aus einem Bach, ein reißender Strom. Berichterstattung. 4,5%, 6,5%, 8,9%. Manchmal genügt ein kleiner Tropfen, um eine Kettenreaktion auszulösen. In einer Welt, in der wir glauben, nichts mehr verändern zu können, war Berlin der Beweis, dass viele die Hoffnung zu früh in den Wind geschrieben haben.

8,9% - Warum? War das das Internet? War das die Netzpolitik? Nein!

Vor lauter Tweets, vor lauter Mailinglisten, Wikis, Shitstorms, Rants, vor lauter Bäumen haben wir den Wald nicht gesehen. Der Boden für eine neue Kraft war längst bereitet. Die Politikverdrossenheit war Politikerverdrossenheit, Parteienverdrossenheit. Unzufriedenheit mit einem bräsigen, unflexiblen System. Mit der Ignoranz, mit einer Politik, die nicht mehr gestalten will, die durch das Gerangel um die bessere Pointe zum Schauspiel verkommen ist.

  • "Das haben wir immer schon so gemacht!"
  • "Das kann man nicht finanzieren!"
  • "Das ist alternativlos!"

So lange alternativlos, bis eine Alternative um die Ecke huscht und ihren Balken bekommt und ins Abgeordnetenhaus einzieht, nicht mit sieben, wie gedacht, sondern mit 15; 15 Piraten, mit der gesamten Liste und sich da hinsetzt und zeigt, dass Transparenz keine hohle Phrase sein muss, dass Ehrlichkeit keine hohle Phrase ist, wenn man sie nicht nur beschwört, sondern wenn man sie vorlebt.

War das das Internet? War das die Netzpolitik? Jein! Denn um eines geht es beim Internet eben nicht: um das Internet. Ich fühle mich in die Zeit der Eisenbahnen zurückversetzt. Und die Leute diskutieren über Schwellen und Schienen und Dampf und Kohle. Ob das gut ist, so viel Metall zu verbauen, ob die Kohle reicht und ob das nicht gefährlich ist. Aber Schwellen und Schienen und Dampf und Kohle waren nicht das, was die Menschen wirklich interessiert. Sie sind nicht das, was das Leben der Menschen verändert.

Zu Zeiten der Eisenbahn war man gewöhnt, morgens aufzustehen, wenn die Sonne aufgeht, und abends ins Bett zu gehen, wenn die Nacht hereinbricht. Die Mittagsstunde teilte den Tag in zwei Hälften und zwar genau dann, wenn die Sonne am höchsten stand. Dieser Rhythmus hatte bestand über Jahrzehnte, Jahrhunderte. Bis die Eisenbahn kam. Die war abhängig von einem gemeinsamen Fahrplan. Von genauen Abfahrts- und Ankunftszeiten. Das klappt selbst heute nicht immer, aber damals war es ein echtes Problem. Also weg mit den Ortszeiten, ein gemeinsamer Standard musste her. So entstanden die Zeitzonen.

Die Entwicklung der Eisenbahn hat nicht nur die Welt näher zusammenwachsen lassen. Sie hat auch dazu geführt, dass das Leben jedes Einzelnen sich änderte. Durch neue Güter, durch Austausch und eben die Zeit. Es ging nicht um Schienen und Schwellen und Kohle und Dampf. Es ging darum, wie Menschen zusammenleben und es hatte Einfluss auf alle. Selbst die, die in ihrem Leben nie einen Fuß in einen Eisenbahnwagon gesetzt hatten.

Und so ist das mit dem Internet auch. Da lässt sich viel reden über Datenpakete und Priorisierung und Netzsperren und Privatsphäreeinstellungen. Als ginge es um ein Paralleluniversum, die Flora einer weit, weit entfernten Südseeinsel, die niemanden zu interessieren braucht bis auf ein paar irre Botaniker. Die Piraten sind eine Internetpartei, ja. Aber ungefähr so als hätte Albert Einstein eine Physikerpartei gegründet. Sicher nicht dafür, um das Physiker-Renteneintrittsalter zu verteidigen, sondern um die Schätze der Relativitätstheorie nutzbar zu machen.

Die Piratenpartei ist keine Partei für das Internet. Sie kommt nur von dort

Sozialisiert in diesem fantastischen Medium der Freiheit, der Kooperation, der Achtung nicht vor dem, wer du bist, sondern was du sagst, welche Argumente du hast und ob man damit die Welt verbessern kann.

Die Welt zu verbessern, haben schon viele versucht. Kommunisten wie Kapitalisten haben sich in ihren Köpfen perfekte Systeme ausgemalt und sie mit viel Schweiß und viel Blut umgesetzt. Philosophen haben von Reinheit und Klarheit geträumt. Wir aber wollen eine bessere Welt schaffen, ohne uns wie Diogenes in einer Tonne zu verkriechen. Wir bauen keine Luftschlösser. Wir wohnen darin. Wir haben nicht nur Theorien entwickelt und Utopien gesponnen. Wir sind nicht beim Arzt mit unseren Visionen versauert, wir haben sie am eigenen Leibe erlebt. Gelebt. In der Praxis. Tag für Tag. Da sind Nerds aus ihren Löchern gekrochen, die im echten Leben 100 Kilometer fahren müssten, um einen Gleichgesinnten zu treffen und haben sich zusammen getan um etwas Großes zu schaffen. Gemeinsam. Wir sind Forscher, keine Ideologen. Wir beobachten, statt zu postulieren.

Wir haben uns dabei das Netz als Vorbild genommen und unsere politischen Leitlinien nach seinen Regeln modelliert. Warum? Weil es funktioniert. Weil wir sehen, dass dort Ideen fruchten, die im echten Leben als Spinnereien abgetan werden. Kooperation, Wissen, Kommunikation. Ein freieres, selbstbestimmteres Leben. Weil das Netz auf einem allgemeinen Prinzip beruht, das Michael Seemann mit einem einzigen Wort beschreibt: Netzneutralität. Und wenn man diesen kryptischen Begriff in die deutsche Sprache übersetzt, heißt das Teilhabe. Die freie Entfaltung des Einzelnen und für jedermann ist zuerst im Netz Realität geworden, eben weil es blind ist gegenüber dem, der es nutzt.

Die Teilhabe ist der Schlüssel zur Freiheit. Wenn ich mitmachen darf, wenn ich meine Stärken einbringen kann und zwar so wie es mir entspricht, dann hilft das mir und dann hilft es allen. Die Politik hat das Internet jahrelang unterschätzt, ignoriert, nicht verstanden. Vielleicht war das einer der größten Glücksfälle der Geschichte. Denn hätte sie es verstanden, seine Macht und seine ungeheure Sprengkraft. Sie hätte es verboten; oder in Ketten gelegt.

So aber konnten wir neues Land entdecken. Und sehen, dass das ungezügelte, freie Spiel der Kräfte Kreativität freisetzt, dass ein regelloser Markt nicht zwangsläufig böse sein muss, wie der zynische, ungebändigte Heuschreckenraubtierkinderfresserkapitalismus. Wenn man ein paar Spielregeln einhält. Wenn man den Zugang offen lässt, die Teilnehmer unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Alter gleich behandelt, wenn man Transparenz vorlebt, wenn man Kooperation belohnt, wenn man die Leute nicht aus dem System fallen lässt. Kurz: Wenn man im System Mensch bleiben darf.

Soziale Verantwortung und Liberalismus sind kein Widerspruch

Das ist doch die großartige Erkenntnis des Internets, dass die Ideen von sozialer Verantwortung und Liberalismus kein Widerspruch sein müssen, ja dass sie sich nicht einmal behindern, sondern dass das eine das andere überhaupt erst möglich macht. Diese Idee ist nicht ganz neu. Ein Ansatz war die soziale Marktwirtschaft. Aber als Konstrukt ging sie eben auch von Voraussetzungen aus, die heute nicht mehr gegeben sind: Vollbeschäftigung und Wachstum sind nicht mehr Motor, sondern Bremsklötze geworden. Aber als Konsequenz wurde nicht versucht, die Idee zu retten, als Konsequenz wurde sie geschlachtet und dem Neoliberalismus zum Fraß vorgeworfen. Die Idee von der freien Entfaltung und der gesicherten Teilhabe wurde auf der Müllkippe der Geschichte entsorgt. Wir wollen sie zurückholen mit den modernen Mitteln, die uns heute zur Verfügung stehen.

Es mag da draußen ja immer noch nicht angekommen sein: Die Piratenpartei verpflichtet sich genau diesen Idealen. Das bunte Paillettenkleid, das sie dabei nach außen trägt, verwirrt die Journalisten. Es schillert mal rot, mal gelb, mal grün. Aber in Wahrheit ist es aus keinem anderen Stoff gewebt als der immer gleichen Forderung nach Freiheit, nach Teilhabe und den drei Säulen, die diese Ziele tragen.

  1. Zum einen die Transparenz. Sie ist Voraussetzung, um zu begreifen, um zu verstehen. Denn nur wer versteht kann Verhältnisse ändern. Sie ist Kontrollinstrument, um Machtverkrustung zu verhindern. Sie zwingt uns zu begründen.
  2. Als zweites die Beteiligung. Mitmachpartei heißt, die Stimme nicht mit dem Wurf in die Urne zu beerdigen. Mitsprache heißt, sich nach den individuellen Stärken einbringen zu können, heißt Verantwortung zu übernehmen, heißt flexibel auch neue Erkenntnisse einfließen lassen zu können.
  3. Und als Drittes eine pragmatische Methode, bei der Lösungen nüchtern und ideologiefrei auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Und ihre Nebenwirkungen.

Dieser Politikansatz ist nicht weniger als der Versuch, die kognitive Dissonanz aufzulösen, mit der wir aufgewachsen sind. Die gesellschaftlichen Fliehkräfte einzufangen. Und zwischen These und Antithese eine Brücke zu schlagen. Zwischen Freiheit und Teilhabe. All diese Ansätze finden wir auch in der Praxis. All das geschieht im Internet. Jetzt. In diesem Augenblick. Doch geben wir uns nicht dem schönen Schein hin. Die Piratenpartei mag auf diesem Konsens fußen. Bekannt ist das aber nicht. Der Höhenflug greift viel unbestimmte Unzufriedenheit ab. Und wir nehmen diese ernst. Aber wir reagieren nicht mit Protest. Wir wollen konstruktiv gestalten.

Wir wollen unsere Lehren aus dem Internet ziehen.

Zunächst heißt das, sich die positiven Seiten abzuschauen. Aber machen wir hier nicht halt! Als Blaupause für ein neues soziales Miteinander birgt das Internet auch Gefahren. Richtig. Nicht nur Chancen, auch Gefahren. Wenn wir das, was wir dort erlebt haben, in die Gesellschaft tragen wollen, dann müssen wir uns auch fragen, wo das Internet gnadenlos versagt.

Überall dort, wo wir unsere eigenen Spielregeln nicht ernst nehmen, wo wir den Menschen angreifen anstatt die Sache. Wo wir Toleranz über Bord werfen und aus purer Lust einem Shitstorm opfern. Wo wir aufeinander eindreschen, als gäbe es kein Morgen mehr, nachtreten, wenn der andere am Boden liegt. Statt Argumente als Waffe zu nehmen, die einfache Beleidigung, wo wir unter den Gürtel zielen statt auf den Verstand. Menschen sind soziale Wesen. Wir leben in der Peer-Group, wir orientieren uns an unserem Umfeld. Toleranz kommt durch Vorbilder. Und hier ist jeder einzelne gefragt. Weil jeder Vorbild des anderen ist.

Das heißt: Die Spiegelneuronen zu aktivieren, Missverständnisse aufzuklären, aus berechtigter Kritik an der Sache zu lernen. Angriffe auf die Person nicht zu dulden. Und manchmal auch die andere Backe hinzuhalten, so lange bis uns die Backen ausgehen.

Und vor allem heißt es, den Menschen nicht nur mit Misstrauen zu begegnen. Wer stets misstraut, ist bald allein. Wenn ich immer das Schlechteste erwarte, zerstöre ich das Grundvertrauen, dass Kooperation erst möglich macht.

Da gibt es schöne Beispiele aus der Spieltheorie. Und wie ich gesehen habe wohl auch die ein oder andere Session dazu auf der diesjährigen Open Mind.

Wie geht es nun weiter?

Wir haben ein Fundament. Wir sehen die Gefahren. Warum sind wir dann noch hier? Ein Gerüst macht noch kein Gebäude, eine Schatzkarte ist noch kein Schatz. Wie heißt es so schön? Man muss das Ganze mit Leben füllen. Das wollen wir hier tun. Die Diskussion, was unsere Werte bedeuten, was sie für Konsequenzen haben und welche Lösungen uns dazu einfallen. Jetzt wo die Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus eingezogen ist, wo sie die Chance hat, in andere Parlamente einzuziehen, ist der Prozess nicht beendet, er steht erst am Anfang. Die Piratenpartei bietet die einzigartige Möglichkeit, auch nach der Wahl Einfluss auszuüben. In der Gruppe oder als einzelner Mensch. Egal, ob Mitglied oder nicht, ob netzaffin oder nicht. Wer die Ideale teilt, ist herzlich willkommen, wer kritisch begleitet ebenso.

Wir haben die Chance, Themen nun in die Parlamente zu tragen, in die öffentliche Debatte. Wir haben die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Wir dürfen nicht satt sein und selbstgefällig. Wenn wir über die Absurditäten unserer Gesellschaft stolpern, müssen wir unseren kindlichen Blick bewahren. Und endlich wieder hinterfragen: Warum eigentlich? Auch da wo es mühsam scheint. Auch da wo es weh tut. Auch da, wo wir Erwachsenen uns anerzogen haben, es zu lassen.

Wenn der Kaiser nackt ist, dann lasst uns Kleider bringen. Manchmal komme ich mir vor als wären wir im alten Ägypten. Da hat einer das Rad erfunden und der Pharao sagt: "Geh' fort mit diesem Teufelszeug. Wenn wir das nutzen, was machen dann die Sklaven, die die Steine auf ihrem Rücken schleppen?"

Wir müssen die Gestaltungsspielräume zurückerobern

Nur das Allernötigste zu tun ist keine Politik. Die gegenwärtige Politik des Reagierens ist eine Politik der Resignation. Wir müssen die Gestaltungsspielräume zurückerobern. Nirgends sonst konnte man der Kapitulation der Politik so gut auf die Finger sehen wie bei der Posse um das neue Wahlrecht. Zum einen die Argumentation der Koalition man dürfe das Problem der Überhangmandate gar nicht lösen, das habe Karlsruhe ja nicht befohlen. Welches Politikverständnis steckt eigentlich dahinter, wenn man das Verfassungsgericht braucht, um überhaupt noch aktiv zu werden? Und zum anderen die Verabschiedung eines Gesetzes, dass alles tut, außer das Problem zu lösen, für das es erdacht wurde. Politik muss Prinzipien aufstellen. Leitlinien, um zu bewerten. Politik muss die Lösungen wählen, die den Prinzipien gerecht werden. Wieder und wieder. Ein blindes Festklammern an ausgetrampelten Pfaden kann nicht zum Erfolg führen. Politik muss offen diskutieren und das Ergebnis nicht vorwegnehmen.

Vielleicht ist es ganz gut, dass die Piraten noch so unerfahren sind. Die Nützlichkeit einer Gebrauchsanleitung testet man auch am besten an Menschen, die das System noch nicht kennen. Vielleicht werden den Piraten Ungereimtheiten auffallen, die ein Politprofi längst nicht mehr in Frage stellt. Es gibt keine Lösungen ohne die richtigen Fragen. Und darum sind wir hier. Um sie zu stellen sind wir hier. Um uns zuzuhören sind wir hier. Um zu diskutieren sind wir hier.

Wir wollen nicht mehr stillsitzen in unserm Biotop. Wir wollen die Freiheit und die Teilhabe, die Mitbestimmung und die Transparenz nicht mehr beschränkt sehen auf das Internet. Wir wollen mehr, wir wollen es jetzt und wir wollen es genau hier: nämlich im richtigen Leben.

Bei diesem Text handelt es sich um die Eröffnungsrede zur Open Mind Konferenz 2011. Marcel-André Casasola Merkle alias @zeitweise, 34, ist Spieleentwickler, Hochschuldozent und Mitglied der Piratenpartei Deutschland.

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