Wirtschaftskrieg des Westens: Riskantes Spiel mit vielen Kräften

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire fiel kürzlich damit auf, dass er den wirtschaftlichen Kollaps Russlands als EU-Ziel benannte. Später zog er die Äußerung zurück. Foto: Aron Urb (EU2017EE)/CC BY 2.0

US-amerikanische Sanktionen haben auch zur Stärkung autokratischer Regimes beigetragen. Wie wird es im Fall Russlands sein?

Bis vor Kurzem wurde Putin in westlichen Medien noch als böses geopolitisches Genie gesehen, nun behaupten viele westliche Medien, er hätte sich mit der Invasion in die Ukraine überhoben und die gegen Russland verhängten Sanktionen würden den "Russischen Bären" zum Einknicken bewegen.

Der sogenannte Westen geht also davon aus, die Russische Föderation mit rein wirtschaftlichen Mitteln in die Knie zwingen zu können. Diese sind vielleicht auch der einzige Weg, denn selbst die US-Regierung hält eine militärische Intervention gegen die Atommacht Russland wohl erst einmal nicht für möglich.

Die globale Vernetzung als Friedensgarant

Das globale kapitalistische System war nie ein Garant für Weltfrieden, doch gingen die Länder im Herzen des Systems, davon aus, die globale finanzielle Vernetzung würde zumindest auf dem europäischen Kontinent eine Art Burgfrieden garantieren.

Gerade deshalb hat Russlands Invasion in die Ukraine Europa und die USA überrascht, und deshalb halten viele an dem Glauben fest, den militärischen Angriff und Einmarsch durch Sanktionen beenden zu können.

Doch sind die Sanktionen bisher an keine Forderungen geknüpft, entweder um die Hoffnung auf einen Regimewechsel am Leben zu halten, oder, und das ist wahrscheinlicher, um sich eine Hintertür offenzuhalten, diese jederzeit beenden zu können.

Bleibt die Frage, ob und wie die Verbündeten der Ukraine einen Konflikt beenden können, für den sie laut Gegenseite verantwortlich sind?

Auch Putin hat Freunde und Unterstützer und es ist interessant zu sehen, wie sie sich an seinem Konflikt beteiligen. Beispielsweise musste der tschetschenische "Strongman" Kadyrov ukrainischen Einheiten einiges an Schlagkraft zugestehen, nachdem diese angeblich eines seiner tschetschenischen Hinrichtungskommandos abgefangen hatten.

Lukaschenko, seines Zeichens weißrussischer Autokrat von Putins Gnaden, ließ sich vor einer Militärkarte filmen, auf der eine Invasion nach Moldawien verzeichnet zu sein schien.

China, ein nicht enger, aber wichtiger Verbündeter Russlands, wehrte sich kürzlich heftig gegen US-Außenminister "Antony Blinkens Bemerkung, Chinas mangelnde Bereitschaft, Russland zu verurteilen, stehe im Widerspruch zu Chinas Haltung zur UN-Charta."

Aber wie steht es um die Unterstützer der Ukraine, also dem sogenannten Westen? Die Regierung des UK belegt einige in London ansässige Oligarchen im Rahmen ihrer Oligarchen Taskforce mit Sanktionen und klagt sie öffentlich an.

Nicht dass es falsch wäre, Oligarchen zur Rechenschaft zu ziehen, nur sind die in London ansässigen Oligarchen wahrscheinlich nicht ganz ohne Grund dort und stehen der konservativen Tory Partei möglicherweise mindestens genauso nah wie dem Autokraten zu Hause in Russland.

Glaubt der Markt an eine friedliche Lösung?

Auch die EU macht mit bei den Sanktionen. Zwar dürfte sich das eine oder andere Land höchstwahrscheinlich Sorgen um den Absatz von Luxusgütern machen, denn in diesem Bereich hat die russische Oberschicht stets für Abnahme gesorgt. Diese hat aber wahrscheinlich jetzt andere Probleme: Der russische Aktienmarkt ist schon seit dem 25.2.2022 geschlossen, ein schlauer Schachzug der russischen Regierung. Die Frage ist: Was passiert, wenn die Tore wieder geöffnet werden?

Womöglich soll erst einmal der Rubel stabilisiert werden. Russland hatte nach der Invasion in Georgien 2014 begonnen, größere Reserven in fremden Währungen anzulegen, um den Rubel im Zweifel unterstützen zu können. Jüngst zeigten die USA allerdings, was es bedeutet, noch immer eine finanzielle Hegemonialmacht zu sein und fror die Reserven einfach ein.

Obwohl all diese Sanktionen einen militärischen Konflikt verhindern sollen, sind es ironischerweise die Waffenproduzenten, die derzeit profitieren. Rheinmetallaktien sind seit der Invasion am 23.2.2022 (96,78 Euro) auf 171,75 Euro angestiegen, - besonders die Bewilligung von 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr am 27.3.22 scheint den Wert der Aktie ordentlich angehoben zu haben.

Auch mit den Seniorpartnern Europas, also den USA, werden nun wieder Waffengeschäfte abgeschlossen, zumindest berichtete Reuters erst vor Kurzem, wie sich europäische Länder um Waffensysteme aus den USA bemühen.

Diese neue geschäftliche Beziehung freut das Pentagon, beziehungsweise die US-Waffenindustrie, wird aber von der europäischen Rüstungsindustrie kritisch beäugt, doch ist wahrscheinlich ist am Ende genug für alle da, jetzt, wo Deutschland und Dänemark langfristig aufstocken wollen. Glaubt der Markt also gar nicht an eine friedliche Lösung?

Das Einkaufen hat allerdings auch einen Grund jenseits des Krieges und der aktuellen Bedrohungslage, und zwar den, dass die europäischen Länder sich nicht mehr ausschließlich auf die Hegemonialmacht der USA verlassen dürfen. Auch wenn das US-Militär-Budget immer noch um ein Vielfaches größer ist als alles, was China und Russland zusammen aufbringen können.

Die USA geben also schon genug für Waffen aus, da ist es nur fair, wenn die europäischen Länder ihrerseits in die westliche Streitmacht investieren und ihre Budgets erhöhen. Für die Supermacht wird es anstrengend, sich um alles zu kümmern, besonders wenn das Augenmerk mehr und mehr auf China gerichtet ist.

Bei so klaren Ost/West- Allianzen kann schnell vergessen werden, dass es besonders die US-amerikanische Arroganz war, die die russische Führung tief beleidigt hat.