"Zünde morgen schon den tausendmal erloschenen Ofen noch einmal an"

Neue chemische Methode zur Herstellung von künstlichen Diamanten

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In der aktuellen Ausgabe von Nature wird eine neue chemische Methode zur Herstellung eines Stoffes, der viele Charakteristika des Diamanten aufweist, vorgestellt.

Zünde morgen schon den tausendmal erloschenen Ofen noch einmal an, aus dem eines Tages vielleicht der Diamant hervorkommen wird! Vervollkommne in guter Laune, um die dich der Ewige beneiden kann, den Schmelztiegel, worin du den Kohlenstoff zu Temperaturen bringen kannst, die Lemoine und Berthelet unbekannt waren.

Marcel Proust, Nachgeahmtes und Vermischtes

Durch Extraktion von Silizium aus Siliziumcarbit mithilfe von Gasen, die Chlor und Wasserstoff enthielten, synthetisierten Yury Gogotsi von der Drexel University und Forscher von der University of Illinois kristallinen Kohlenstoff mit Diamantstruktur bei Normaldruck und bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen von 1000 Grad Celsius. Die Eigenschaften dieses diamantartigen nanokristallinen Materials sind anders als die eines monokristallinen Diamanten. (Monokristallines Silizium wird seit Jahrzehnten für die Halbleitertechnik hergestellt.) Neue Stoffe dieses Types könnten zum Beispiel als ultraharte Bremsbeläge oder bei der Bestückung von Steinsägen dienen.

Gegenwärtige Methoden für die kommerzielle Darstellung liefern geringe Mengen bei gleichzeitig hohen Kosten unter Verwendung von hohen Drücken oder Temperaturen (je nach Methode). Die neue Methode hingegen könnte für die Darstellung von größeren Mengen geeignet sein.

Der Diamant ist ein besonderer Werkstoff, der sich durch höchste Härte, höchste Lichtbrechung und höchste Wärmeleitfähigkeit auszeichnet. Diese hervorragenden Eigenschaften werden in den unterschiedlichsten Anwendungen wie Wärmespreizung in der Halbleitertechnologie, hohe Transmissionen bei Röntgenfenstern, Verschleißschutz für optische Objekte und in der Hochleistungszerspanung eingesetzt. Diamanten lassen sich künstlich über eine Schockwellen-, Hochdruckhochtemperatursynthese oder CVD-Niederdrucksynthese herstellen. Der Gebrauch von Diamanten in elektronischen Schaltkreisen war einer der ältesten Träume der Elektronikingenieure. Auch aus den Erfahrungen bei der Herstellung von synthetischen Diamanten, weiß man, dass Diamanten im Erdinneren unter sehr hohem Druck von ca. 50.000 Atü und Temperaturen von über 1000 Grad Celsius entstanden sind. Solche Bedingungen herrschen im Erdmantel in Tiefen von einigen hundert Kilometern in der Zone des sogenannten "Oberen Mantels".

Die Fertigung von künstlichen Diamanten ist bereits hoch perfektioniert. Ähnlichkeiten bestehen bezüglich der Wärmeleitfähigkeit, des Brechungsindexes, der Härte (synthetischer Diamant: 91/4; Echter Diamant: 10). Durch die enorme Qualitätssteigerung funktionieren traditionelle Prüfverfahren, wie elektrische Leitfähigkeit nicht mehr. Es besteht aber die Möglichkeit, eine Differenzierung in der Schwereflüssigkeit Diiodmethan vorzunehmen; der Diamant sinkt nach unten und der Fake schwebt.

Vater der ersten künstlichen Diamanten, der Moissanite, ist Henri Moissan. Er stellte 1892 die Theorie auf, dass Diamanten synthetisch hergestellt werden können, indem Kohlenstoff unter Druckkraft in geschmolzenem Eisen kristallisiert. Er entwarf und entwickelte einen elektrischen Brennofen, der Temperaturen bis 3500 Grad standhält, um ihn bei der Arbeit zu unterstützen, die zur Produktion von winzigen künstlichen Steinen führte. 1904 wurde Moissan der Nobelpreis für Chemie für seine Arbeit "Fluor und seine Verbindungen" verliehen. Im Fieber dieser Entdeckungen kam es in Frankreich zur Lemoine Affäre: Der Elektroingenieur Henri Francois Lemoine verbreitet, dass er aus Kohlenstoff Diamanten synthetisieren könne. Er benzte sich 1905 an Sir Julius Werner, Präsident der großen Diamantminengesellschaft De Beers (die auf dem Diamantenmarkt bis heute eine monopolähnliche Position innehat) heran und entlockte ihm 64 000 englische Pfund, (etwa eine Million Mark) indem er vorgab, Moissans Verfahren optimiert zu haben. Um einen doppelten Boden auszuschließen, experimentierte er nackt und "zauberte" vor seinen entzückten Sponsoren eine Menge fette Diamanten herbei. Dass er doch geschummelt hatte, stellte sich erst später heraus, als man ihm drauf kam, dass er die Steine vorher besorgte und in Mauerritzen versteckt hielt, um sie in einem unbeobachteten Moment flugs in den Ofen zu stecken. Anfang des Jahres 1909 wurde Lemoine in Abwesenheit zu zehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Aktien von De Beers besaß u.a. Marcel Proust, der durch diesen Skandal und die daraus resultierende Baisse einen beträchtlichen Teil seines Vermögens verlor, sich jedoch nicht weiter verdrießen ließ und sogar Gewinn daraus zog. Unter dem Eindruck, dass öffentliche Begebenheiten oft die Literatur nachzuahmen scheinen, beschloss er, den Skandal durch die Nachahmung verschiedener Literaten zu nutzen.

So kleidete er die Begleitumstände der Affäre in verschiedene sprachliche Gewänder und schuf mit den sogenannten Pastiches, (auf deutsch hölzern "Nachgeahmtes") lustige Kopien des Stils von Flaubert, Balzac, den Goncourts u.a... Proust hatte begriffen, dass Stil auch immer eine Haltung impliziert und einiges über die gesellschaftlichen Bedingungen erzählt. "Das...war für mich vor allem eine Sache der Hygiene. Man muss sich von dem so natürlichen Laster der Nachahmung purgieren." Obwohl er Parodien schuf, war Proust indes weit davon entfernt sich - über Flaubert etwa - lustig zu machen: Indem er ihn nachahmte, erkannte er Flaubert als "Genie der Grammatik":

Und die Revolution der Sichtweise, der Darstellung der Welt, die aus seiner Syntax hervorgeht - oder durch sie ausgedrückt wird - ist vielleicht ebenso groß wie diejenige Kants, die den Mittelpunkt der Welterkenntnis in die Seele verlegt.