Zukunft der Flugreise für die Holzklasse

Bild: Airbus-Patent

Die Ökonomie der räumlichen Verdichtung zum optimierten Sitzen

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Auch in der Luft herrscht Ungleichheit. Das Geld bestimmt, wie eng und eingepfercht oder wie großräumig und gemütlich man reist und bedient wird. Der "Traum vom Fliegen" ist eine Klassengesellschaft, die Unterschiede zwischen der Economy und First oder Business Class geht bereits in den Lounges und beim Einchecken los. Die deutlich sichtbaren Klassenunterschiede können auch Wut auslösen ("Air Rage" wegen sozialer Ungleichheit).

Während in den oberen Klassen der Komfort oberstes Anliegen ist, wird in der Economy darauf geachtet, möglichst viele Passagiere auf möglichst kleinem Raum unterzubringen. Entsprechend gibt es nicht nur andere Sitze, die nicht nur unbequemer sind, sondern auch weniger flexibel, damit der Beinabstand zur nächsten Reihe und die Breite so gering gemacht werden kann, dass Menschen, die zu groß oder zu dick sind, Schwierigkeiten bekommen und mitunter mehr bezahlen müssen, wenn sie einen zweiten Sitzplatz benötigen.

Durchschnittlich ist ein Sitz in der Economy Class zwischen 42 und 46 cm breit, der Sitzabstand liegt zwischen 76 und 86 cm. Lufthansa versichert, 95 Prozent der Menschen würden in die Sitze passen. Bei Air France dürfen Passagiere nicht mehr als 135 Zentimeter Taillenumfang haben; auf der Economy-Langstrecke sind es 149 Zentimeter, wer mehr zahlt, kann auch einen Umfang von zwei Metern haben. Manche Fluggesellschaften haben mit einer Premium Economy Class: "Mehr Platz, mehr Freigepäck, mehr Service" oder "Größere Sitze, mehr Beinfreiheit und viele Extras".

Einen Blick in die Zukunft für die Holzklasse im Flugzeug, aber auch in Zügen oder Bussen, könnte ein Patentantrag von Airbus aus dem Jahr 2015 eröffnen. Hier wird eine Mezzanin-Sitzanordnung entwickelt, bei der die Menschen mehr oder weniger übereinander geschachtelt werden, um Raum zu sparen. Die Idee ist, dass sich mindestens ein Sitz auf einer unteren und mindestens ein Sitz auf einer höheren Ebene befindet. Die Sitze sollen so veränderbar sein, dass die Passagiere zwischen einer aufrecht sitzenden und einer liegenden Position wählen können.

Bild: Airbus-Patent

Zur Begründung heißt es wenig verwunderlich, dass aus wirtschaftlichen Gründen eine Optimierung des knappen Platzes erforderlich sei. Das Prinzip sei, möglichst viele Sitzreihen in den Kabinen einzubauen und in breiten Flugzeugen dabei auch den noch ungenutzten Raum über den Sitzen zu nutzen. Dabei soll auch noch ein "hohes Maß an Komfort" gewährleistet werden, egal wie die Sitze ausgerichtet sind. Das Problem dabei ist, wie beispielsweise die oberen Sitze in die Liege- oder Sitzposition gebracht werden können, ohne die weiter unten Sitzenden/Liegenden zu beeinträchtigen.

Dass eifrig über die Optimierung des Sitzraums nachgedacht wird, offenbart ein anderer Patentantrag aus dem Jahr zuvor. Hier geht es um eine komprimierte Sitzordnung für Kurzflüge, wo weniger Komfort benötigt wird, die Passagiere also nach Ansicht der Erfinder auch unbequeme Sitze tolerieren. Die Sitzbreite, aber auch der Sitzabstand in der Economy Class können nicht mehr verkleinert werden, heißt es. Wenn man nicht die Menschen in unterschiedlichen Höhen schichten will, bleibt als Möglichkeit die Veränderung der Sitze, die auf die kleinstmögliche Sitzfläche schrumpfen sollen. Dazu wäre es gut, eine Möglichkeit zu finden, wie sich bei aller Enge noch zwischen den Sitzreihen an die Fensterplätze gelangen lässt.

Vorgeschlagen wird zur Sitzplatzoptimierung keine Stühle mehr zu verwenden, sondern eine Art Sattel wie auf Fahrrädern. Dazu kommen noch Armlehnen und eine Lendenstütze, um die Rückenlehnen zu minimieren. Ein Tischchen gibt es damit nicht mehr. Der Sattel lässt sich mitsamt Armlehnen nach unten klappen, wodurch sich die Lendenstütze nach vorne schiebt, was den dahinter Sitzenden ein bisschen mehr Beinfreiheit gewährt.

Christopher Ingraham hat einmal ausgerechnet, wie dicht Passagiere schon jetzt in Flugzeugen verpackt werden, und dafür eine gebräuchliche Boeing 737-700 verwendet. Sie bietet in der Kabine auf 85,4 Quadratmeter 120 Passagieren in der Economy Class und 8 Passagieren in der First Class oder 148 Passagieren nur in der Economy Class Platz - oder was man so nennen will. Jeder Passagier hat damit 0,57 Quadratmeter Fläche für sich zur Verfügung, Gang etc. eingeschlossen.

Vergleicht man die Fläche pro Person im Flugzeug mit der Fläche in einer Wohnung, was natürlich nicht statthaft ist, aber eine ganz gute Veranschaulichung ist, dann wird deutlich, welche Massenmenschenhaltung in einem Flugzeug noch ohne weitere räumliche Verdichtung praktiziert wird. In dem Beispiel müssten sich in 85 Quadratmeter 148 Menschen quetschen, was nur klaustrophobische Vorstellungen erzeugen kann.

Vorgeschrieben sind, um einen anderen Vergleich zu bemühen, in Deutschland für Bildschirmarbeitsplätze eine Arbeitsfläche von mindestens 1,60 Meter mal 0,80 Meter. Das kann man vernachlässigen. Aber der Arbeitsplatz muss 1,5 Quadratmeter an Bewegungsfläche bieten, also das Dreifache eines Flugzeugplatzes.