Zustrom von IS-Anhängern aus Europa soll zurückgehen

Nato warnt, der Islamische Staat könne wegen der vielen Anhänger mit wissenschaftlicher Ausbildung aus dem Ausland bald Massenvernichtungswaffen herstellen und einsetzen

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Nach einem Nato-Bericht besteht die Gefahr, dass der Islamische Staat chemische, biologische, radioaktive oder nukleare Waffen (CBNR) einsetzen könnte. Bald könne die Organsiation in die "zuvor nicht vorstellbare Phase eines CBRN-Terrorismus" eintreten. Vermutlich seien bereits chemische Waffen in Kobane verwendet worden, möglicherweise haben sie auch nukleares Material im Irak erbeutet. Gefährlicher als andere Terrororganisationen sei der IS besonders deswegen, weil er in der Lage sei, Tausende von teils gut ausgebildeten Menschen aus dem Ausland anzuziehen, die wissenschaftliche Kenntnisse besitzen.

Es gibt nach der Nato-Analyse vier Aspekte, die den IS von anderen Terrororganisationen unterscheide. Er kontrolliert erstens ein großes Gebiet und könne trotz der Luftangriffe und der Angriffe der irakischen Armee oder der Kurden die Kontrolle in großen Teilen Syriens und des Irak halten. Zweitens würde der IS über "außergewöhnlich" hohe Geldquellen durch "ökonomische" Aktivitäten und Steuererhebungen, durch Spenden ausländischer Unterstützer und Lösegelder für Geiseln. Angeblich würde der IS sich am Menschenschmuggel von Libyen nach Europa beteiligen.

Aufgrund der "ideologischen Motivation" sei der IS drittens auch in den sozialen Netzwerken sehr viel stärker aktiv als andere Gruppen und könne so mehr Aufmerksamkeit erzeugen. Und viertens kommen eben die vielen Menschen aus dem Ausland mit teils guter Ausbildung auch in Chemie, Physik und Informatik. Das sei der gefährlichste Aspekt, da auch bereits berichtet worden sei, dass der IS das Wissen erworben und "in manchen Fällen" auch Experten gefunden habe, um "CBRN-Materialien als 'Terrorwaffen' einzusetzen."

Die türkische Zeitung Hürriyet Daily News will nun von einem Mitarbeiter der Nato erfahren haben, dass der IS seit 2011 30.000 Ausländer aus über 100 Ländern angezogen habe. Seit kurzem gebe es aber einen Rückgang der Rekruten aus Europa, während mehr Menschen aus Russland, vor allem Tschetschenen, in die IS-Gebiete reisen. 25 Prozent der Ausländer seien Frauen, viele noch unter 16 Jahren.

Der IS kontrolliere gegenwärtig, so der Nato-Informant, "das Schicksal von 5-7 Millionen Menschen. Er funktioniert wie eine Regierung und ein Staat, auch wenn wir ihn nicht einen Staat nennen wollen." Der IS kontrolliere jeweils 15 Prozent des syrischen und irakischen Staatsgebiets und finanziere sich durch lokale Steuern und Abgaben etwa bei der Wasserversorgung. Der IS verkauft archäologische Funde und habe allein letztes Jahr 250 Millionen US-Dollar an Lösegeld und täglich 2 Millionen durch den Verkauf von Öl eingenommen.

Militärisch wird er als hybride Organisation bezeichnet, der auch über schwere Waffen wie Panzer und Flugzeuge verfügt, die vom syrischen Militär oder von der vor allem von den USA mit Waffen ausgestatteten irakischen Armee stammen. Der IS könne schnell die Taktiken verändern und nach Luftangriffen etwa nur in kleinen Einheiten auftreten. 1,2 Millionen US-Dollar soll der IS jährlich in Medienkampagnen investieren. Mit mehr als 45.000 Twitter-Accounts würden täglich 250.000 Tweets ausgeschickt.