Zwei Geiseln frei: Kommt jetzt die israelische Invasion in den Gazastreifen?

Die beiden US-amerikanischen Geiseln Judith und Natalie Raanan werden vom militanten Arm der Hamas an israelische Streitkräfte übergeben. Bild: Screenshot israelische Regierung

Hamas sagt, Freilassung sei ein Signal. Druck auf Israel steigt, Einmarsch wegen Entführten aufzuschieben. Tel Aviv betont, Hamas-Vernichtung wichtiger. Was droht.

Am Freitag hat die Hamas zwei US-Amerikanerinnen freigelassen, die am 7. Oktober aus dem Kibbuz Nahal Oz entführt und seither im Gazastreifen gefangen gehalten wurden. Sie sind die ersten der mehr als 200 Gefangenen, die in Gaza festgehalten werden, die freigelassen wurden.

Bei den Frauen handelt es sich um Mutter und Tochter Judith und Natalie Raanan aus dem Chicagoer Vorort Evanston, berichtete die Times of Israel. Das Rote Kreuz hatte zuvor erklärt, es stehe in täglichem Kontakt mit der Hamas und arbeite im Hintergrund daran, die Kommunikation zwischen den Gefangenen und ihren Familienangehörigen zu erleichtern, "und eine eventuelle Freilassung zu ermöglichen".

US-Präsident Joe Biden bestätigte die Freilassung der Frauen und sagte, er sei "überglücklich" über diese Entwicklung. "Israelische Beamte, die von mehreren hebräischen Medien zitiert wurden, betonten, dass die Entscheidung der Hamas einseitig getroffen wurde und Jerusalem keine Gegenleistung angeboten hat", so die Times of Israel weiter.

In einer seltenen Erklärung, die sowohl auf Englisch als auch auf Arabisch veröffentlicht und von Reuters zitiert wurde, sagte Abu Obeida, der Sprecher der Kassam-Brigaden, des bewaffneten Flügels der Hamas, dass die Gruppe die beiden "aus humanitären Gründen freigelassen hat und um dem amerikanischen Volk und der Welt zu zeigen, dass die Behauptungen von Biden und seiner faschistischen Regierung falsch und unbegründet sind".

Die israelische Armee hatte zuvor erklärt, dass "die Mehrheit der Geiseln am Leben" sei, wie CNN berichtete. Die Kassam-Brigaden haben zuvor bekannt gegeben, dass fast zwei Dutzend Geiseln bei Israels Dauerbeschuss des Gazastreifens getötet wurden.

Das israelische Militär sagt, dass "mehr als zwanzig der Geiseln Teenager und junge Kinder, während zehn bis zwanzig von ihnen über 60 Jahre alt sind". Unter den Gefangenen befinden sich auch "Bürger der USA, Großbritanniens, Frankreichs und anderer Länder".

Die Hamas hat erklärt, dass man die Gefangenen einsetzen wolle, um die Freilassung von Palästinensern zu erreichen, die in israelischen Gefängnissen festgehalten werden – derzeit sind es etwa 5.200 – sowie von Palästinensern, die in den USA lange Haftstrafen wegen Terrorfinanzierung im Kontext ihrer Arbeit in Gaza verbüßen.

Währenddessen bombardiert Israel weiter den Gazastreifen, nun schon seit knapp zwei Wochen. Bisher sind mindestens 4.137 Menschen, darunter mehr als 1.500 Kinder und 1.000 Frauen, getötet und über 13.000 verletzt worden. Die internationale soziale Organisation Avaaz schreibt in einem Aufruf:

Gaza ist im Wesentlichen ein Kindergarten mit Mauer drum – und er wird in Grund und Boden gebombt. Die Hälfte der Bevölkerung im Gazastreifen sind Kinder. Israels Armee hat bereits mehr als 6.000 Bomben abgeworfen – auf Schulen, Wohnhäuser und Fluchtwege.

Im Zuge des wachsenden internationalen Drucks hat die israelische Regierung heute eingewilligt, zum ersten Mal nach über zwölf Tagen Totalblockade einige Hilfslieferungen in die Enklave zu lassen. Die ersten der zwanzig Lkw am Grenzübergang Rafah zu Ägypten können jetzt nach Gaza fahren.

Das wird insgesamt als völlig unzureichend angesehen. Mark Owen Jones, Professor für Nahoststudien an der Hamad Bin Khalifa Universität in Doha, hält die Hilfsgütertransporter, die nun in den Gazastreifen gelangen, für eine "absolut unbedeutende Zahl".

"Etwa 100.000 Tonnen Hilfsgüter reichen aus, um eine halbe Million Menschen eine Woche lang zu versorgen. Wenn man bedenkt, dass zwei Millionen Menschen [in Gaza] leben und nur ein Teil dieser Hilfe ankommt, was soll das bringen", sagte er gegenüber Al Jazeera. Es sei ein "Tropfen in einem Ozean".