Abolitionist soll "die Scharia in ihrer strengsten Auslegung" zu spüren bekommen

Dem Mauretanier Biram Dah Abeid wird vorgeworfen, öffentlich Seiten aus einem theologischen Kommentar verbrannt zu haben, der Sklaverei rechtfertigt

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Mauretanien war 2007 das letzte Land, das auf internationalem Druck hin die Sklaverei abschaffte. Das geschah in der Weise, dass man die Sklavenhaltung offiziell unter Strafe stellte. Offiziell – denn bei der Umsetzung zeigen Behörden und Justiz recht wenig Eifer, was Gruppen wie SOS Esclaves und Abolitionisten wie Biram Dah Abeid auch international bekannt zu machen versuchen. Nun droht Abeid die Todesstrafe, weil er im Rahmen einer Kundgebung öffentlich Seiten aus einem theologischen Kommentar der malikitischen Rechtsschule verbrannte, die zur Rechtfertigung der Sklaverei herangezogen werden. Deshalb soll er einer Äußerung des Staatspräsidenten Aziz nach "die Scharia in ihrer strengsten Auslegung" zu spüren bekommen.

Abeid, der seit einem Monat zusammen mit mehreren anderen Mitgliedern und Sympathisanten seiner Initiative de Résurgence du Mouvement Abolitionniste de Mauritanie (IRA) in Haft sitzt (und dem bislang ein Anwalt verweigert wird), behauptet, nur ausgewählte Buchseiten verbrannt zu haben, die sich nicht auf den Koran beziehen und in denen weder der islamische Gott Allah noch der Moslemprophet Mohammed vorkommen. Trotzdem gab es im Mai in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott Demonstrationen, in denen ein aufgebrachter Mob den Tod für ihn und seine Gesinnungsgenossen forderte.

Im Nachbarland Mali haben sich derweilen Berichte über die Zusammenarbeit von arabischen Salafisten und Tuareg-Separatisten bestätigt. Die beiden Gruppen riefen im April einen neuen Staat aus, der den gesamten Norden des Landes bis zum Nigerstrom umfasst. Vor allem im Süden dieses Gebiets und in den Städten leben aber nicht mehrheitlich Tuareg oder Araber, sondern Schwarzafrikaner. Das Verhältnis der Tuareg zu diesen Volksgruppen ist alles andere als konfliktfrei: Die erste Rebellion der "blauen Reiter" brach 1906 aus, nachdem die französische Kolonialverwaltung ihre afrikanischen Sklaven befreite, und auch heute noch sehen viele der selbst in einem Feudalsystem gefangenen Nomaden und Nomadenabkömmlinge auf die dunkelhäutigeren "Iklan" herab. Von ihnen sollen mittlerweile Hunderttausende in den Süden geflohen sein.