Abschied von der integrierten Bahn?

Die Verkehrswende braucht keinen "Privatisierungsschub", so das Bündnis Bahn für alle und die Initiative Gemeingut in BürgerInnenhand. Symbolbild: Leif von Speyer auf Pixabay (Public Domain)

Bündnis befürchtet weitere Privatisierung und dadurch Verstärkung der Probleme. Demokratisch kontrollierte "Klimabahn" gefordert

Verschiedene soziale Initiativen warnen vor einer Trennung der Schienenwege vom Fahrgeschäft der staatseigenen Deutschen Bahn AG. Diese war Ende vergangener Woche von der Monopolkommission gefordert worden. Zwei voneinander unabhängige Unternehmen sollten die jeweiligen Bereiche übernehmen.

Grüne und FDP scheinen nach verschiedenen Presseberichten diesen Ansatz in den Koalitionsverhandlungen zu unterstützen. Auch die Gewerkschaft der Lokführer GDL ist für die Gründung eines eigenständigen Infrastrukturbetriebs.

Rote Linien

Für die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG wäre eine Aufteilung hingegen eine rote Linie, die nicht überschritten werden dürfe. Die EVG spricht von einer geplanten Zerschlagung der Bahn.
Ähnlich sehen es das globalisierungskritische Netzwerk Attac, das Bündnis Bahn für alle und die Initiative Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) in ihrer eingangs erwähnten gemeinsamen Erklärung.

Die Verkehrswende brauche eine "Klimabahn", die Menschen und Güter auf die Schiene bringe, heißt es darin plakativ. Von der Zerlegung der noch vollständig im Staatsbesitz befindlichen Bahn AG erwarten sie eine weitgehende Privatisierung und zusätzliche Einschränkung der Versorgung.

„Die Trennung von Netz und Betrieb würde im Betrieb einen massiven Privatisierungsschub auslösen. Finanzinvestoren schätzen es, wenn der Staat die kostenintensive Instandhaltung flächendeckender Netze übernimmt und sie sich die Rosinen herauspicken können. Renditen lassen sich auch gewinnen, wenn der Staat erpressbar wird, zum Beispiel, weil er durch eigene Tätigkeit den Bahnbetrieb gar nicht mehr gewährleisten könnte.“
Carl Waßmuth, Bahn für alle und GiB


Nur eine integrierte Bahn schaffe eine maximale CO₂-Reduktion so Hendrik Auhagen, der sowohl bei Attac als auch bei Bahn für alle mitarbeitet. Der Verkehrsanteil der Bahn müsse dafür verdreifacht werden.

Strecken reaktivieren

Das sei möglich, wenn auf teure Großprojekte wie Stuttgart 21 verzichtet werde. Stattdessen müsse das große Potenzial des bestehenden Netzes ausgeschöpft, viele Strecken reaktiviert und das Netz vollständig elektrifiziert werden.

Harsche Kritik gibt es am existierenden DB-Netz-Zweig der DB AG. Überzogene Trassengebühren und ein kundenfeindliches Baustellenmissmanagement würden die Bahn schwächen.

Zudem sei "der ständige Abbau von Weichen und Ausweichgleisen" eine der wichtigsten Ursachen für das "starke Anwachsen der Verspätungen in den vergangenen 20 Jahren".

Schon jetzt komme es zwischen den zahlreichen eigennützig operierenden Gesellschaften auf einem sehr knappen Schienennetz zu einem Hin-und-her-Schieben der Verantwortung zwischen DB Netz, privaten Regionalbahn- und Frachtunternehmen, DB-Fernverkehr und Flixtrain.

Das beste Bahnsystem Europas sei hingegen das der Schweiz, wo eine integrierte Bahn in einheitlicher gemeinnütziger Verwaltung mit einem einheitlichen Preissystem, hoher Zuverlässigkeit und hoher gesellschaftlicher Akzeptanz arbeite.

Daher setze man sich auch hierzulande für ein "einfaches, demokratisches, kosten- und klimaeffiziente Bahnprinzip" ein. Eine Zerschlagung der Bahn in noch mehr konkurrierende Gesellschaften wäre keine Lösung, sondern eine drastische Verschärfung des Problems, so die drei Organisationen.