Affäre Edathy: Polizeigewerkschaftsfunktionär Wendt warnt SPD-Führung vor Ermittlungen

Auch CSU-Parteichef Horst Seehofer sieht "großen Aufklärungsbedarf" bei den Sozialdemokraten

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Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, meinte gegenüber dem Handelsblatt, er gehe davon aus, dass sich die Ermittlungen in der Affäre Edathy auch auf die Führung der SPD erstrecken werden, damit man "denjenigen oder diejenigen" findet, "die dem ehemaligen Abgeordneten möglicherweise frühzeitig Informationen gegeben haben".

Dass Wendts Warnung dazu führen wird, dass man an der SPD-Spitze nun hektisch Festplatten zertrümmert, ist allerdings nicht zu erwarten: Sollte man dort Informationen über Kinderpornografie-Ermittlungen an den derzeit im Ausland verweilenden Ex-Abgeordneten auf elektronischem Wege weitergeleitet haben, dann wäre das selbst in einer Partei mit gewissen Digitaldefiziten eine große Überraschung.

Trotzdem spekuliert der Polizeigewerkschaftsfunktionär darüber, was wäre, wenn bei Ermittlungen in der SPD "herauskäme, dass Herr Edathy von höchster Stelle gewarnt wurde und Beweismittel beiseitegeschafft hat": "Für das Vertrauen in Politik und Staatsorgane wäre dies", so Wendt, "der Super-Gau".

Auch der CSU-Parteivorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sieht die SPD – anders als der sozialdemokratische Parteichef Sigmar Gabriel – in der Affäre Edathy noch nicht aus dem Schneider: Gegenüber der Rheinischen Post konstatierte er "großen Aufklärungsbedarf" bei den Sozialdemokraten. "Jetzt", so Seehofer, "stellen sich viele Fragen […] zu den Widersprüchlichkeiten ihres Tuns" - und zwar "insbesondere bei ihrem Fraktionsvorsitzenden Oppermann".

Und auf einem Kleinen Parteitag in Bamberg drohte Seehofer heute: "Wir werden über die Art und Weise der Zusammenarbeit reden müssen." Während er sich "voll" hinter den zurückgetrenen Friedrich stellte, forderte er die SPD auf. "an diesem Wochenende ihr Verhalten, ihre Widersprüche aufzuklären". Er warf der SPD "Geschwätzigkeit" vor. Friedrich wurde auf dem Parteitag mit Beifall begrüßt.

Hans-Peter Uhl (CSU) legte noch eins drauf und forderte gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus, die beteiligten SPD-Politiker müssten eine eidesstattliche Erklärung dazu abgeben, mit wem sie über den Fall gesprochen haben: "Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass ein SPD-Abgeordneter mutmaßlich kinderpornografische Schriften kauft und die einzige Konsequenz darin besteht, dass ein CSU-Minister zurücktritt." Es wird also ungemütlich in der Großen Koalition.

Einen Nachfolger für den zurückgetretenen Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich will Seehofer erst nach einer Sitzung des Parteipräsidiums am Montag benennen. Der Bayerische Rundfunk und andere Medien kolportieren derzeit, dass sich die Internet-Staatssekretärin Dorothee Bär, die Drogenbeauftragte Marlene Mortler und der Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller unter den Anwärtern auf das Amt befinden.