Alle lieben den Baron

Von zu Guttenbergs Doktorarbeit stößt bei Amazon auf riesige Begeisterung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Da kann man nur gratulieren: Bereits mehr als 240.000 Facebook-Nutzer unterstützten am späten Dienstagnachmittag trotzig unseren Verteidigungsminister und hatten daher auf der Facebookseite Gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg den "Gefällt mir"-Button angeklickt. Aber nicht nur das! Auch der Stein des Anstoßes, die Doktorarbeit des Barons, wurde dort bereits am 18. Februar entsprechend gewürdigt. So schreibt der Betreiber dieser Pro-Guttenberg-Initiative erstaunlich kenntnisreich: "Und nun ein paar Fakten zu einem 'Summa cum laude'-Doktortitel: Solch ein Titel wird, da es in Noten eine 0,75- 1,0 (15 Punkte) ist, zusätzlich von mehreren Personen geprüft. Oft wird die Arbeit auch an eine fremde Uni geschickt, damit auch noch mal die Fakultät überprüft wird. An der Uni Mainz ist es so und in Bayreuth wird es nicht anders sein. Die Doktorarbeit von zu Guttenberg gehört zur absoluten Elite!"

Doch, wo Elite draufsteht, sollte auch Elite drin sein. Und das ist bei zu Guttenbergs hochwissenschaftlicher Arbeit "Verfassung und Verfassungsvertrag: Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU" offenbar der Fall. Das beweisen jedenfalls nachdrücklich gleich mehrere Leserrezensionen bei Amazon.de, die das adlige Opus geradezu begeistert abfeiern. Ein Buch, das immerhin gestern auf der Amazon-Bestsellerliste schon den Rang Nr. 308 einnimmt, obwohl es nicht mehr lieferbar ist. Schade eigentlich für ein Werk, das "zur absoluten Elite" zählt.

Aber geben wir jetzt den zu-Guttenberg-Lesern das Wort. So schreibt ogmb aus EL Cerrito, Kalifornien: "Die Dissertation: früher der Höhepunkt jungakademischer Schaffenskraft, heute nur noch luschig hingeschlurftes Karrieresprungbrett bürgerlicher und minderadliger Nachwuchspolitiklinge. Ganz anders dieses Meisterwerk, persönlich autorisiert vom freiherrlichen Platzhirschen der Zunft: Hier wird kein dünnes Brett gebohrt oder eine unverdauliche Paste halbwissenschaftlichen Dreiviertelwissens angerührt, hier wurde ein Epos erstellt, das noch Generationen von Hochpotenzlern den kürzesten Pfad weisen wird zum akademischen Walhalla (...)"

Und am Ende fügt er fast lapidar hinzu: "Glückwunsch, Herr Doktor von und zu Bayreuths Gnaden: summa cum laude!"

Besser kann man das wohl kaum ausdrücken. Es sei denn, man heißt Thomas Ueberle, der den Baron als Künstler zwischen Dada und Beuys abfeiert. Und am Ende seiner Rezension einen Blick in die Zukunft dieses adligen Artisten wagt: "Er liest nicht, exzerpiert nicht, diskutiert nicht; er sichtet, sucht, stapelt nicht, nein, er wird live Texte zerreißen, zerfetzen, vermischen und neu dem staunenden Publikum vor die Ohren werfen. Spontane Lesungen mit immer neuen Wendungen wird er in atemberaubenden Kaskaden abfeuern. Autoren werden sich darum prügeln, in seine Kunstwerke einfließen zu dürfen. - Wen Guttenberg nicht benutzt, der existiert nicht!" - Ja, da ist wohl noch Großes von unserem jetzt-anscheinend-nicht-mehr-Doktor zu erwarten.

Ebenfalls an Dada und Beuys erinnert Rezensent francais2008: "Ist es Dada, Kubismus oder einfach nur heißsprudelnder Fluxus? Trägt Jo Beuys heut Gel im Haar? Eine wirklich kreative und sprachgewaltige Publikation. sie liefert zwar nicht unbedingt neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aber dafür ist die sprachliche Vielfalt beeindruckend. Fast hat man das Gefühl, die Arbeit ist nicht nur von einem einzigen Autor verfasst. Der Autor Freilich nach Guttenberg versteht es hier meisterlich, die vorherrschende Verfassung unserer Denkweisen und Prinzipien nicht nur theoretisch zu behandeln, sondern praxisnah und auch für den schlichten Leser verständlich zu vermitteln. Wer noch kein Buch im Regal hat, sollte hier unbedingt zugreifen."

Was hoffentlich bald – nach einer Neuauflage – der Schrift wieder möglich sein wird. Und solange kann man ja mit einem einfachen Klick die Pro-Guttenbergianer unterstützen. Sie schreiben nämlich auf ihrer Facebook-Seite: "Auf BILD.de befindet sich unter dem Artikel eine Umfrage. Ich persönlich finde, dass er einen sehr guten Job macht und verstehe nicht wie die Rücktrittswünsche zustande kommen. Ich stimme klar: 'Er macht seinen Job gut.'" – Wirklich nur gut? Nein, bestens! Und wo ist hier eigentlich der "Gefällt mir"-Button.

Ein Guttenberg-Fan will denn gleich auch die Aufstände im arabischen Raum anschließen, um den Baron zu stützen: "Sollte KT zum Rücktritt bewegt werden, überlege ich mir eine Facebook gestützte "Tage des Zorns" Demo zu organisieren. und vor allem empfehle ich einen allgemeinen GEZ Boykott. den Sensationsjournalismus der öffentlich rechtlichen hatte ich eigentlich von RTL2 oder VOX erwartet."