Amnesty wirft dem libyschen Nationalen Übergangsrat vor, Misshandlungen von Gefangenen zu dulden

Unter der fehlenden Rechtsordnung würden vor allem Schwarzafrikaner zu leiden haben, die willkürlich eingesperrt und geschlagen werden

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Die Kämpfer des Nationalen Übergangrates in Libyen haben noch immer Schwierigkeiten, die Stadt Sirte ganz zu erobern. Entschlossen leisten die Gaddafi-treuen Kämpfer Widerstand. Gestern mussten sie sich aus den zwei noch nicht eingenommenen Stadtvierteln wieder zurückziehen. Immer noch ist unklar, wo sich Gaddafi selbst aufhält. Von Gefangenen soll die Information kommen, dass er sich noch in Sirte aufhält. 2000 Kämpfer sollen sich dort noch aufhalten, die nun in der Falle festsitzen, nachdem die Truppen des Übergagsrats angeblich die letzte Fluchtmöglichkeit aus der Stadt geschlossen haben.

Allerdings zirkulieren in Libyen schnell Gerüchte - wie gerade die Falschmeldung, dass Gaddafis Sohn Motassim gefangen genommen worden sei -, und auch den Informationen, die von gefangenen Gaddafi-treuen Kämpfern kommen, ist kaum Verlass. Wie ein am Donnerstag veröffentlichter Bericht von amnesty international kritisiert, werden die Menschen, die als Gaddafi-treue Kämpfer in den Gefängnissen unter der Verwaltung des Übergangrates landen, oft misshandelt und auch teilweise gefoltert, um Geständnisse zu erzwingen oder als Bestrafung.

Verwunderlich ist dies nicht, da die staatlichen Strukturen erst aufgebaut werden und es auch noch kein gesichertes Rechtssystem gibt, dafür aber die Wut groß ist. Die meisten Gefangenen, allein in Tripolis und al-Zawiya sind es 2.500, wurden ohne rechtsmäßige Haftbefehle und richterliche Genehmigung eingesperrt, was nicht nur Kampfeinheiten machen, sondern auch lokale zivile und militärische Räte. Das Justizministerium kann in diesem Chaos nicht durchgreifen. Amnesty äußert Verständnis für die Übergangsbehörden, die nicht alles kontrollieren können, warnt aber, dass bei Missbrauchsfällen schnell und scharf reagiert werden müsse, um nicht die alten Unrechtszustände wiederkehren zu lassen. Primär sei, dass Verdächtige Widerspruch gegen ihre Festnahme geltend machen können

Von den 300 Gefangenen, die amnesty befragt hatte, wurde keinem ein Haftbefehlt gezeigt. Die Meisten wurden von unbekannten Personen bei Razzien aus ihren Häusern verschleppt. Viele würden zu Beginn als eine Art "Begrüßung" geschlagen. Prozesse gibt es seit der Etablierung des Nationalrats nicht mehr, wie amnesty sagt, die Milizen handeln meist nach ihren eigenen Vorstellungen.

Zu leiden haben offenbar vor allem Schwarze, die für Söldner waren oder für solche gehalten werden. Ein Drittel bis die Hälfte der Gefangenen seien Schwarzafrikaner. Gaddafi hatte zu Beginn des Aufstandes Tausende von Söldnern aus den schwarzafrikanischen Ländern geholt und diesen hohe Tagessätze bezahlt, um gegen die Aufständischen in den Kampf zu ziehen. Allerdings waren auch viele im Land, um dort zu arbeiten oder nach einer Möglichkeit zu suchen, nach Europa zu kommen.