Auschwitz – Appell an die Zukunft

Auch wenn die Politiker weniger zu sagen hatten, waren die Feierlichkeiten nicht unpolitisch

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"Ich war dort. Unzählige Male bin ich gestorben und abgestorben, jeder Augenblick erschien wie eine Ewigkeit", erzählte die 1929 geborene Auschwitz-Überlebende Halina Birenbaum in der Gedenkstätte Auschwitz.

Etwa 300 ehemalige Häftlinge und Delegierte aus 49 Nationen gedachten am Dienstag vor Ort des 70. Jahrestags der Befreiung des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee. Damals waren noch etwa 7.000 Häftlinge im Lager, zuvor wurden 56.000 Menschen auf sogenannten Todesmärschen von der SS nach Westen getrieben. In dem Lager kamen über eine Million Menschen um, die meisten waren Juden.

In einem großen Zelt, das das berüchtigte Lagertor teils überdachte, erinnerte sich Kazimierz Albin an die empfangenden Worte des SS-Mannes Karl Fritzsch: "Einen Ausweg gibt es hier nur durch die Schornsteine des Krematoriums." Der 1922 geborene Pole konnte jedoch dem Lager entkommen und sich in Krakau dem Widerstand anschließen. Dafür wurden seine Angehörige verhaftet.

"Wir Überlebende wollen nicht, dass die Zukunft unserer Kinder wie unsere Vergangenheit aussieht" so Roman Kent mit lauter wie gebrochener Stimme. Kent, der heute in den USA lebt, mahnte, die Tradition des Pluralismus, der Toleranz und der Menschenrechte zu bewahren und Antisemitismus und Rassismus nicht zuzulassen.

Neben kurzen Reden des Museumsdirektors Piot Cywinskis und dem Präsidenten des jüdischen Weltkongresses Ronald S Lauder wurde ein Dokumentarfilm des Regisseurs Stephen Spielberg gezeigt. Nach dem Verlesen des Kaddisch und einem Fürbittengebet in Latein legten die Teilnehmer Kränze am Denkmal im ehemaligen Lager Birkenau nieder.

Auch wenn die Politiker weniger zu sagen hatten als bei sonstigen Feiern und den ehemaligen Häftlingen mehr Raum eingeräumt wurde, so waren die Feierlichkeiten nicht unpolitisch.

Der Gastgeber, der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski, dankte zwar in seiner Rede den Rotarmisten für die Befreiung, mahnte aber auch, dass es in Europa zwei totalitäre Systeme gegeben hatte und erinnerte auch an die Verbrechen der Sowjetunion, die durch ihren Geheimdienst nahe dem westrussischen Städtchen Katyn 1940 Tausende von polnischen Offizieren hinrichtete. Über die Deutung des Katyn-Verbrechens gibt es immer noch Streit zwischen Polen und Russland.

Russland als Nachfolger der Sowjetunion wurde durch Sergei Iwanow, dem Chef der russischen Präsidialverwaltung, vertreten, Staatspräsident Wladimir Putin nahm nicht teil, da er keine direkte Einladung erhalten habe. Wladimir Putin besuchte am Dienstag das Jüdische Museum und Zentrum für Toleranz in Moskau.