Bagdad verlangt von den USA Schadensersatz für Schäden durch US-Truppen

Die Amerikaner hätten nicht nur die Infrastruktur beschädigt, sondern auch die Stadt ästhetisch runiniert

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Einen Krieg zu führen, ist teuer. Das mussten die US-Amerikaner erfahren, als ihnen die Bush-Regierung zunächst versicherte, die Kosten für den Irak-Krieg seien Peanuts, vielleicht 100 Milliarden Dollar, die reichlich durch den Wiederaufbau seitens amerikanischer Unternehmen und das sprudelnde Öl kompensiert würden.

Krieg und Besatzung verschlangen allerdings an reinen militärischen Kosten mehr als 1 Billion Dollar. Eine neue, für künftige Auslandseinsätze und militärische Interventionen interessante Forderung hat nun die Stadtverwaltung von Bagdad erhoben, berichtet Reuters. Hier verlangt man von den US-Truppen Schadensersatz – nicht für die Zerstörungen zu Beginn des Krieges, als die Amerikaner die Stadt nach dem "Shock and Awe"-Konzept bombardierten, sondern für die Schäden und die ästhetischen Zumutungen, die durch die Besatzung entstanden sind.

Während die US-Truppen zur Bekämpfung der Aufständischen manche kleinere Städte, beispielsweise Falludscha, mit einem Sicherheitswall eingeschlossen haben, um den Verkehr zu kontrollieren, war dies für Bagdad aufgrund der Größe nicht möglich. Daher versuchte man die Angriffe der Sunniten auf die schiitischen Wohnviertel und umgekehrt durch 3 m hohe Betonmauern in der Stadt zu erschweren, um die Menschen und die Fahrzeuge an bestimmten Durchlässen kontrollieren zu können. Damit dies nicht zu brutal aussieht, wurden die Mauern auch von irakischen Künstlern im Auftrag des US-Militärs bemalt. Mit den Mauern die auch eine ethnische Säuberung der einzelnen Stadtviertel zementierten, ging durch die Einschränkung der Bewegungsfreiheit und die Kontrolle die Gewalt zurück, aber die Menschen müssen sich in ihrer Stadt auch als Gefangene empfinden. Überdies wurden gegen Autobomben zahlreiche Betonsperren errichtet.

Das habe, so ein Brief der Stadtverwaltung, der Stadt einen "riesigen Schaden" zugefügt: "Die US-Streitkräfte verwandelten diese schöne Stadt in ein Camp auf eine hässliche und destruktive Weise, die bewusste Ignoranz und Sorglosigkeit gegenüber den einfachsten Formen des öffentlichen Geschmacks zum Ausdruck bringen." Neben der ästhetischen Beeinträchtigung durch die weiterhin existierenden Mauern kommen die durch sie bewirkten Schäden an der Infrastruktur. Sie hätten nach Angaben von Hakeem Abdul Zahra, eines Sprechers der Stadt, nämlich auch die Trank- und Abwassersysteme, den Straßenbelag und die Parks beschädigt. Auch die Humvees hätten über die Jahre großen Schaden angerichtet. Die Stadtverwaltung verlangt von den Amerikanern nun eine Milliarde Dollar an Schadensersatz – und eine Entschuldigung.

Das werden die Amerikaner sicherlich nicht machen, schließlich waren die Mauern eine verzweifelte Lösung, die außer Rand und Band geratene Gewalt, die immer mehr Menschenleben forderte, einzudämmen. Zudem gab es erst letztes Jahr Pläne des irakischen Verteidigungsministeriums doch noch ganz Bagdad mit einer Mauer einzuschließen. Allerdings hatten es die Amerikaner nicht geschafft, die schon vor der Invasion marode, aber durch die Bombardierungen und Kämpfe weiter zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen. Die Wiederaufbauhilfe versickerte zum großen Teil in korrupten Kanälen, noch jetzt gibt es keine verlässliche Stromversorgung, die Straßen sind kaputt, die Abwassersysteme wurden oft nicht repariert. Dazu kommen hohe Arbeitslosigkeit, anhaltende Korruption, mangelnde Versorgung mit Lebensmittelkarten.

Das treibt nun auch die Menschen im Irak auf die Straßen, beispielsweise in Bagdad oder Falludscha. Wegen der Stromversorgung ist Regierungschef Maliki unter hohem Druck. In Kut kam es deswegen am Dienstag zu schweren Auseinandersetzungen, weil die Menschen Regierungsgebäude stürmten - aus Wut, weil die Staatsangestellten mit Strom versorgt werden, sie aber keinen oder nur zeitweise Strom haben. Dabei sollen mehrere Menschen getötet worden sein.