Bayerische Piratenpartei zeigt Innenminister Herrmann an

Nach dem Einsatz des Staatstrojaners hegt auch die Humanistische Union einen Verdacht auf die Verletzung von Straftatbeständen wie Datenveränderung und Computersabotage

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Vor gut einer Woche kam heraus, dass der in Bayern eingesetzte Staatstrojaner zahlreiche Fähigkeiten aufweist, die vom Bundesverfassungsgericht verboten wurden – unter anderem das Nachladen von Malware. Der bayerische Innenminister Herrmann versuchte sich damit zu rechtfertigen, dass das Landgericht Landshut, dass den Einsatz explizit als rechtswidrig einstufte, eine "andere Rechtsauffassung" vertreten würde als er. Wenn jemand allerdings in Straffällen eine so grundlegend andere Rechtsauffassung vertritt, als ein Gericht (und diese auch wiederholt in die Tat umsetzt), dann drängt sich durchaus die Möglichkeit auf, dass es sich um einen Straftäter handelt.

Das dachten sich auch die bayerische Piratenpartei und die Humanistische Union, die heute in dieser Sache Strafanzeige gegen den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, den Präsidenten des bayerischen Landeskriminalamts sowie gegen "weitere beteiligte Personen" stellten. Ausformuliert haben die Strafanzeige der bekannte Jurablogger und IT-Fachanwalt Thomas Stadler sowie der Frankfurter Strafrechtsexperte Emanuel Schach. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass durch die Beschaffung und den Einsatz des bayerischen Staatstrojaners nicht nur bußgeldbewährte Datenschutzvorschriften nach Artikel 37 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG), sondern auch die Strafgesetzbuchs-Paragrafen 202a (Ausspähen von Daten), 202b (Abfangen von Daten), 202c (Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten), 303a (Datenveränderung ) und 303b (Computersabotage) verletzt sein könnten.

Hinweise auf absichtsvolles verbotswidriges Handeln ergeben sich unter anderem daraus, dass DigiTask den Behörde angeblich eine Einsichtnahme in den Quellcode erlaubte, wo die verbotenen Fähigkeiten leichter erkennbar sind, und aus der Diskrepanz zwischen den anfangs eingestandenen fünf und den später ans Licht gekommenen 25 Überwachungsfällen. Stefan Körner, der Landesvorsitzende der Piratenpartei in Bayern, sieht in der Strafanzeige unter anderem einen Test dafür, ob die zum Teil Beate Merk unterstehende Justiz "zu einer konsequenten Ermittlung in dem Fall fähig und willens ist oder dabei versagt". Und Aleks Lessmann, der politische Geschäftsführer der Partei ergänzt: "Es ist schon bedenklich, dass das Bundesverfassungsgericht immer wieder eingreifen muss, um gerade in Bürgerrechtsfragen die Exekutive zu zügeln. Wenn sich die Politik nicht einmal an die Vorgaben der Gerichte hält, können wir nicht mehr von einem Rechtstaat sprechen."