"Bequemlichkeitsmuslime"

Insassen britischer Gefängnisse konvertieren zum Islam, weil sie dadurch angeblich an Vergünstigungen kommen

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Muslime, insbesondere jener mit dunkler Hautfarbe, beklagen sich mehr über Vorurteile des Wachpersonals ihnen gegenüber und schlechter Behandlung als andere Gruppen, stellt der aktuelle, groß angelegte Bericht Muslim Prisoners’ Experiences der Chefinspekteurin der britischen Gefängnisse, Anne Owers, heraus. In Hoch-Sicherheitsgefängnissen fühlten sich drei Viertel der Muslime "unsicher".

Und doch, so eine überraschende Nebenerkenntnis des Berichts, habe sich bei vertieften Befragungen von 164 muslimischen Insassen gezeigt, dass 30 Prozent unter ihnen während ihrer Haft zum Islam übergetreten sind. Aus Gründen, die grundlegend mit der Religion zu tun haben - genannt werden hier "Disziplin und Struktur, Ruhe durch den Glauben" - und solche, die vor allem zur Verbesserung der Situation in den Gefängnissen beitragen: Schutz und Solidarität durch Gruppen mit einer "starken Identität" und besseres Essen, sowie Freistellung von Arbeit und Schulungen am Freitag. Die Motivation dieser Konvertiten, die von anderen als "Bequemlichkeitsmuslime" (i.O. "convenience Muslims") bezeichnet werden, charakterisieren Zeitungsberichte mit dem Zitat eines Insassen:

"Food good too, initially this is what converted me."

Im Bericht selbst heißt es allerdings, dass die meisten dieser Konvertiten mit der Zeit zu echt praktizierenden Muslimen würden. Die Sorge, dass sie von muslimischen Gruppen zum Übertritt gezwungen worden seien, vor allem in Sicherheits- und Jugendgefängnissen, wie dies Wärter immer wieder äußern, bestätigt der Bericht nicht. Er warnt mehr davor, dass sich das Misstrauen gegenüber muslimischen Insassen, zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung umschlagen könnte und die Radikalisierung auch als Reaktion auf die Haltung des Personals geschehen könnte. Die Furcht vor einer militanten Verhärtung hat einen Namen: Richard Reid, der sogenannte "Schuhbomber", der im Brixton-Gefängnis zum Islam übergetreten ist.

Seit Mitte der 1990er Jahre habe sich die Zahl der muslimischen Insassen vervierfacht - von 2500 im Jahr 1994 auf beinahe 10 000 im Jahr 2008. Weniger als 1 Prozent der Häftlinge sind wegen Vorwürfe im Zusammenhang mit Terrorismus verurteilt, betont Anne Owers.