CO2-Deponie unterm Meeresgrund?

BUND verweisen auf unerforschte Gefahren, die von der Einlagerung von Kraftwerksabgasen unterm Meer drohen

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Die Pläne von Vattenfall und RWE, das künftig eventuell aus Kohlekraftwerken abgetrennte Kohlendioxid (CO2) im tiefen Untergrund zu speichern, sind höchst unbeliebt. Überall, wo entsprechende Vorhaben publik werden, gehen die Bürger auf die Barrikaden. Sei es in Sachsen-Anhalt, in Brandenburg oder in Schleswig-Holstein. Daher sind nun, wie der NDR berichtet, einige Wissenschaftler am IFM-GEOMAR in Kiel auf den Vorschlag verfallen, damit auf See zu gehen.

Dort sind nicht nur die nervigen Bürger aus dem Weg, sondern auch Länderparlamente und Landesregierungen wären machtlos, die sich [http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/947603/?tx_rsmdailygen_pi1[dossier]=3&cHash=1eb9882cdc7d835535805f1c029616d8 in letzter Zeit sehr empfänglich für die Proteste der Wähler] gegen die sogenannte CCS-Technologie gezeigt haben. Nach dem neuen CCS-Bundesgesetz, das Anfang Juli im Bundestag verabschiedet wurde, haben die Länder zwar auf ihrem Gebiet ein Einspruchrecht. Der Meeresgrund hinter der 12-Meilen-Zone, das heißt, außerhalb der Hoheitsgewässer, obliegt jedoch allein der Jurisdiktion des Bundes. Dort in der sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszone, in der auch die Offshore-Windparks errichtet werden, kann den Bundesbehörden keiner rein reden.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat dennoch einhellig gegen die Vorschläge der Wissenschaftler protestiert, auch CDU und FDP, die im Bundestag für das CCS-Gesetz gestimmt hatten. Die Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring, eine von zwei Linken, die das Land zwischen den Meeren in Berlin vertritt, weist indirekt auf diesen Widerspruch hin:

"Die Bevölkerung in Schleswig-Holstein lehnt die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid ab. Egal, ob diese an Land, in der 12-Meilen-Zone oder auf hoher See vor Helgoland erfolgt. Die Fraktion der LINKEN hat im Bundestag einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Speicherung von Kohlendioxid auf dem gesamten Territorium der Bundesrepublik grundsätzlich ablehnt. Dieser wurde leider von allen anderen Fraktionen abgelehnt. Wie wichtig dieser Antrag war, zeigt die jetzige Diskussion."

Eine jüngst veröffentlichte Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz ( BUND) gibt der Kritik neue Nahrung. Der für die Verpressung nötige hohe Druck und chemische Reaktionen im Untergrund lassen befürchten, dass verdrängtes Porenwasser aufsteigt. Da es um Schichten weit unterhalb des gewöhnlichen Grundwassers geht, besteht ohnehin bereits die Gefahr, dass dieses Wasser giftige Substanzen enthält. Versuche in Texas haben vor einigen Jahren außerdem gezeigt, dass das verpresste CO2 als Kohlensäure das Gestein angreift und giftige Schwermetalle mobilisiert.

Entsprechend fürchtet der BUND nicht nur um die marinen Ökosysteme, sondern auch um die Trinkwasserversorgung an der Nordseeküste und die Fischerei. Außerdem verweist er darauf, dass die meisten in Frage kommenden Formationen in Natura-2000-Schutzgebieten liegen. Eine Vielzahl von Riffen und Sandbänken sei bedroht.

"Die Verpressung von CO2 unter die Nordsee ist potenziell nicht weniger gefährlich als auf dem Festland, weil grundsätzlich die gleichen geologischen Mechanismen wirken", so Ralf Krupp, Geologe und Auror der BUND-Studie. "Das zentrale Problem liegt in der Verdrängung der salinen Formationswässer durch das CO2. Wenn diese hoch salzhaltigen, anoxischen und mit teilweise giftigen Bestandteilen belasteten Wässer aufsteigen und am Meeresboden austreten, kann das schwere ökologische Schäden verursachen."

Das CCS-Gesetz muss, um rechtskräftig zu werden, noch durch den Bundesrat, wo es am 23. September auf der Tagesordnung steht. Der BUND fordert die Länder auf, dort das Gesetz abzulehnen.

Auch der Südschleswigsche Wählerverband SSW, der im Kieler Landtag mit vier Abgeordneten vertreten ist, schließt sich der Forderung an. So sagte Flemming Meier, umweltpolitischer Sprecher der SSW-Landtagsfraktion:

"Die Bundeskanzlerin hat schon früher die CCS-Technologie verharmlosend mit einer Mineralwasserflasche verglichen. Die Nordsee ist aber keine Glasflasche, sondern ein kompliziertes Ökosystem mit vielen Lebewesen, die nicht in Sprudelwasser leben können. Für das Wattenmeer, seine Anwohner und seine Nutzer wäre eine Entweichung von Kohlensäure aus dem Meeresgrund fatal. Auch wenn potenzielle CO2-Endlager in der Nordsee in die Zuständigkeit des Bundes fallen, darf Schleswig-Holstein nicht tatenlos zusehen. Fische können keine Bürgerbewegung gründen, deshalb ist es umso mehr die Verantwortung unserer Landesregierung dafür zu sorgen, dass unser Ökosystem vor solchen unsinnigen Risiken geschützt wird. Die Landesregierung muss am 23. September im Bundesrat das CCS-Gesetz ablehnen."