Chinesen wollen Klimaschutz

Wirtschaftskrise, soziale Unruhen und Klimawandel machen den Bewohnern des Lands der Mitte Angst.

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In China ist alles ein bisschen größer und ein bisschen schneller. In Sieben-Meilen-Stiefeln voranschreitend befreit sich das Land derzeit aus seiner zeitweisen Rückständigkeit gegenüber dem Westen. Während auf dem Land Armut noch weit verbreitet und der Graben zwischen Arm und Reich einer der tiefsten der Welt ist, wächst in den Städten eine neue Mittelschicht heran, die mehrere hundert Millionen Köpfe zählt. Schon im Interesse der politischen Stabilität hat sich daher die Führung in Peking vorgenommen, den neuen Wohlstand auch aufs Land und zu den städtischen Armen zu bringen.

Ohne Industrialisierung ist das aber nicht zu machen, doch bisher ist der Preis dafür extrem hoch. Chinas Mega-Cities gehören weltweit zu den Städten mit der schlimmsten Luftverschmutzung, und auch der Treibhausgasausstoß nimmt rasant zu. 2007 lag er bei etwa 5,1 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr, zu Beginn des Jahrtausends waren es erst zweit Tonnen pro Kopf und Jahr gewesen.

Doch auch die Lernprozesse laufen in China schneller ab als anderswo: Inzwischen hat das Land mehrere Dutzend Hersteller von Windenergieanlagen, wird schon in wenigen Jahren Deutschland in Sachen installierter Kapazität überholt haben, ist weltweit der führende Hersteller von Fotovoltaikanlagen, Weltmeister in der Anwendung von Solarkollektoren für die Warmwasserbereitung und hat im internationalen Vergleich sehr strenge Abgasnormen für Kraftfahrzeuge. All das und manches mehr ist der lesenswerten Broschüre China's Clean Revolution zu entnehmen, die im Sommer von der in London ansässigen Climate Group herausgegeben wurde.

Dem industriellen Wandel entspricht eine Revolution im öffentlichen Bewusstsein. Waren Umweltthemen noch vor wenigen Jahren höchstens von lokaler Bedeutung, etwa wenn die Nachbarn von Fabriken unter Abgasen oder vergiftetem Wasser zu leiden hatten und sich deswegen mit der Staatsmacht anlegten, wird heute in den Medien breit und nahezu täglich über entsprechende Probleme und auch über den globalen Klimawandel beichtet.

Das Ergebnis: 69 Prozent der Städter geben an, sie seien im Interesse des Klimaschutzes bereit, ihr Lebensgewohnheiten zu ändern. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, von der am Mittwoch die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. 1.000 Personen in 16 Städten waren im Auftrag des Pekinger Verbrauchervereins und des dortigen Klimazentrums befragt worden. Ziel der Befragung war unter anderem, zu erfahren, in wie weit die chinesischen Verbraucher bereit sind, sich an Energiesparkampagnen zu beteiligen. Unter den globalen rangierte der Klimawandel an vierter Stelle hinter Wirtschaft, gesellschaftlichen Unruhen und Naturkatastrophen.