Cholera-Epidemie in Haiti stammt aus UN-Lager

Bericht einer Expertenkommission bestätigt Vorwürfe haitianischer Behörden. Autoren fordern Konsequenzen für Auslandseinsätze

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Eine verheerende Cholera-Epidemie in Haiti hat ihren Ursprung in einem Stützpunkt der UNO-Blauhelmtruppe MINUSTAH. Das geht aus dem Bericht einer vierköpfigen Expertenkommission hervor, die von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon eingesetzt wurde und die Mitte der ersten Maiwoche in New York ihren 32-seitigen Bericht vorstellte. Die Ernährungswissenschaftler und Epidemiologen aus Lateinamerika, den USA und Indien bestätigten damit entsprechende Vorwürfe haitianischer Behörden.

Im Verlauf der Cholera-Epidemie sind in dem verarmten Karibikstaat seit Oktober vergangenen Jahres gut 4.800 Menschen gestorben. Über 300.000 Bewohner sind mit der gefährlichen Durchfallerkrankung infiziert. Internationale Hilfsteams versuchen nach wie vor, die Krankheit einzudämmen. Vor allem kubanische Ärzte, die ihre Präsenz auf 1.300 Mann erhöhten, hatten dabei in den vergangenen Wochen Erfolge zu verzeichnen.

Die UN-Experten hatten im Februar Haiti besucht und zudem Ergebnisse internationaler Forscherteams ausgewertet. Nach der Molekularanalyse konnte demnach nachgewiesen werden, dass der Erregerstamm aus Asien stammt. Isoliert wurde der Biotyp El Tor und der Serotyp Ogawa. Die Erreger seien jenen ähnlich, die derzeit in Südasien und Afrika bestehen, nicht aber lateinamerikanischen Varianten. Es liege daher nahe, dass die Epidemie nach Haiti eingeschleppt wurde.

Die Cholera war Mitte Oktober 2010 nahe der MINUSTAH-Basis in Mirebalais, rund 40 Kilometer von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt, ausgebrochen. Kurz zuvor war dort ein Kontingent UN-Soldaten aus Nepal stationiert worden. Nach dem Ausbruch der Krankheit war es deswegen zu gewalttätigen Protesten gegen die MINUSTAH gekommen, in deren Verlauf mehrere Menschen getötet wurden. Die Autoren der UNO-Studie formulierten ihre Ergebnisse deswegen denkbar vorsichtig. Es sei nicht eindeutig nachzuweisen, dass die Cholera von Blauhelmsoldaten eingeschleppt wurde, auch wenn die Quelle der Krankheit lokal eingegrenzt werden konnte. Ein Sprecher der Blauhelme, Michel Bonnardeaux, beharrte auf dieser Formulierung. Es gebe "keinen wissenschaftlichen Beweis, dass der Keim mit dem Einsatz der MINUSTAH in Verbindung steht".

Die Experten empfahlen den Vereinten Nationen dessen ungeachtet, Blauhelmsoldaten aus Cholera-Gebieten vorab auf den Erreger zu untersuchen und impfen zu lassen. Im Fall der nepalesischen Einsatzkräfte war dies nur bei entsprechender Symptomatik geschehen. Auch die sanitären Anlagen in Lagern von UN-Blauhelmen müssten verbessert und, wenn möglich, von eigenen Experten betrieben werden. Im Fall der Basis in Mirebalais waren Abwässer in einen nahen Fluss geraten und hatten von dort aus die Erreger verbreitet. Die Entsorgung dieser Abwässer sei "nicht ausreichend" gewesen, stellten die Experten nach einem Besuch der Basis fest. UNO-Generalsekretär Ban sagte zu, die Empfehlungen zu prüfen.