Ciao Großbritannien?

Die Anti-EU-Stimmung in Großbritannien wächst, aber auch die Stimmung in Kontinentaleuropa, sich nicht weiter mit Sonderregelungen erpressen zu lassen

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Seltsamerweise wird gerne ein Unterschied zwischen der europäischen und der amerikanischen Kultur und Politik beschworen. Das wurde auch wieder so nach dem Bekanntwerden der Lauschaktivitäten der US-Geheimdienste so gehandhabt, obgleich die britischen Geheimdienste den amerikanischen beim Ausspähen der Europäer nicht nachstehen. Aber man will wohl den Konflikt innerhalb der EU nicht weiter schüren, da es in Großbritannien eh starke antieuropäische Tendenzen gibt, zudem ist wohl das Stereotyp Europa vs. USA eingängiger.

Eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstituts Opinium in Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien zeigt allerdings, dass die Kluft zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien größer wird. Während die Briten zunehmend dahin tendieren, aus der EU auszuscheren, haben die Kontinentaleuropäer immer weniger dagegen und wollen den Briten keine Sonderrechte mehr gewähren, nur um dabei zu bleiben.

In Großbritannien ist die Anti-EU-Stimmung bei den Briten – besonders bei den Konservativen – stark, während die Wirtschaft Schlimmes befürchtet, sollte UK einen Sonderweg einschlagen. Der britische Premier Cameron widersetzt sich daher den Austrittswilligen in seiner eigenen Partei, will aber dafür der EU weiter Sonderrechte und Privilegien abtrotzen, um den EU-Austrittswilligen in der Ukip etwas entgegen zu setzen. Das könnte aber vielleicht nicht mehr klappen, wenn die anderen EU-Staaten sich nicht mehr erpressen lassen. Ex-Premier Sir John Major warnt, dass Großbritannien schwer bei einem Austritt bezahlen müsse

In Großbritannien finden nur 26 Prozent die EU als etwas Gutes, 42 Prozent sehen in ihr ein "bad thing". In Frankreich, wo die Rechte stark ist, halten sich die EU-Freunde mit 36 Prozent und die EU-Ablehner mit 34 Prozent in etwa die Waage. In Polen hingegen, beim Irak-Krieg zum neuen, US-freundlichen Europa gehörend, sind 62 Prozent für die EU und nur 13 Prozent dagegen, in Deutschland haben trotz der AfD 55 Prozent eine positive Haltung, nur 17 Prozent sehen die EU als schlecht an.

Für den Guardian ( Shock four-country poll reveals widening gulf between Britain and EU) zeigt sich wenig Enthusiamus, Großbritannien in der EU zu halten, wenn gerade einmal 9 Prozent der Deutschen und 15 Prozent der Franzosen sagen, dass es einen positive Einfluss hat. Bei den Polen sind es 33 Prozent, auch keine Mehrheit. Daher lehnen auch 16 Prozent der Deutschen und 26 Prozent der Franzosen ab, den Briten Sonderbedingungen zu gewähren.

Ähnlich wie sich die Türken nicht mehr sonderlich danach drängen, unter allen Umständen in die EU zu kommen, so sinkt die Bereitschaft, Großbritannien unbedingt in der EU zu halten. 24 Prozent der Franzosen und 36 Prozent der Deutschen meinen, ein Austritt aus der EU hätte negative Folgen. Die Polen sind mit 51 Prozent noch skeptischer.

Die Briten sind hingegen weiterhin eher auf die USA ausgerichtet. In einem Konflikt zwischen der EU und den USA würden 37 Prozent zu den USA halten und nur 10 Prozent zu der EU. Gut finden die Briten den freien Handel und die freie Bewegung der Menschen in der EU, aber 64 Prozent hadern mit der EU-Einwanderungspolitik. Da sind sie aber mit den Franzosen auf derselben Linie. 59 Prozent sagen hier dasselbe. Das weitere Abschließen der Festung Europa wird also von den Menschen unterstützt.