Citizen Trump

Orson Welles verfilmte Trump bereits 1941

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Vor einem Jahrhundert empfahl sich der damals reichste Mann der Welt, William Randolph Hearst (1863-1951), als Rechtspopulist, um sich den Weg ins Weiße Haus zu ebnen. Zu den Methoden des mächtigen Zeitungsverlegers und Besitzers einer landesweiten Radiokette gehörte das Verbreiten von faustdicken Lügen, das gelbe Papier seiner Blätter prägte hierfür den Begriff Yellow Press.

Seinem Verlegerrivalen Pulitzer kaufte Hearst einfach die Redaktion weg. Der Kalifornier machte Zeitung für die kleinen Leute, die kaum eine Stimme hatten, und gebärdete sich mit einseitigen, inszenierten oder schlicht erfundenen Storys als Volkstribun. Der in eine Millionärsfamlilie geborene Hearst stellte andere Unternehmer als gierig dar, indem er sie mit $-Zeichen in den Augen abbilden ließ.

Aufstände gegen Ende der 1890er Jahre auf dem damals zu Spanien gehörenden Kuba erkannten Hearst wie Pulitzer als eine Chance, um endlich die zu Spanien gehörende Insel für die USA zu verreinnahmen, wie es bereits Präsident John Quincy Adams gefordert hatte. Um die Nation hierauf einzustimmen, startete Hearst eine Kampagne, in der er Spanier wie etwa Mexikaner als faule Rasse darstellen ließ. Eine inhaftierte Raubmörderin ließ er als vermeintliche politische Gefangene zur "Rose von Kuba" hochschreiben, die es vor den fiesen spanischen Polizisten zu beschützen galt.

Berühmt ist der Dialog mit Hearsts Zeichner, der von Kuba telegrafiert haben soll: "There will be no war. I wish to return", worauf Hearst geantwortet haben soll: "Please remain. You furnish the pictures and I'll furnish the war." Mag dieser Dialog auch nicht verbürgt sein, so entsprach dies zweifellos der Mentalität des Strategen. Im Hafen von Havanna explodierte unter mysteriösen Umständen das US-Schlachtschiff "Maine", dem die patriotische "Remember the Maine"-Kampagne gegen angebliche Terroristen folgte. Als die USA daraufhin 1898 in Kuba einmarschierten, verdiente der Verleger ausgiebig an Spezialausgaben über den Spanisch-Amerikanischen Krieg, von denen er statt 77.000 Exemplaren täglich eine Million absetzte.

Hearst ließ sich für die Demokrats in den Kongress wählen und demonstrierte seine Verachtung für das Parlament, indem er gar nicht hinging. In seinen Blättern forderte mehrfach, Präsident William McKinley zu erschießen - was 1901 jemand tat. Kritik an seiner Haltung kümmerte ihn nicht, jedoch verlor Hearst die breite Zustimmung. Seine Kandidaturen als Bürgermeister von New York sowie die als Gouverneur scheiterten, ebenso seine Bewerbung zur Nominierung als Präsidentschaftskandidat. Auch die Gründung einer neuen Partei brachte den Superreichen seinem Ziel nicht näher.

Nach seinem Ausflug in die Politik zog sich Hearst nach Kalifornien zurück, wo er in seiner monströsen Villa Hof hielt. Seinen unermeßlichen Reichtum zelebrierte der Mogul auch durch Aufkauf von 25% des weltweiten Kunstmarkts. Wie seine Milliardärskollegen in der Wallstreet war auch Hearst lange Hitler zugetan.

Der visionäre Dramatiker Orson Welles griff Hearsts Leben auf und machte sich in "Citizen Kane" insbesondere über dessen Verhältnis mit der Schauspielerin Marion Davies lustig, der Hearst den Kosename "Rosenknospe" ("Rosebud") verehrt hatte, eine Anspielung auf deren Vagina. Hearsts versuchte, den Film zu sabotieren, und bestellte schließlich für die Oscar-Nacht 1942 Buhrufer. Zwar vermochte der mächtige Medienzar sein Ziel nicht zu erreichen, jedoch zerstörte er Welles bis dahin steile Karriere als Filmemacher und Schauspieler in den USA, so dass der Künstler fortan nach Europa ausweichen musste. Ebenfalls Oscar-nominiert wurde 1996 die beeindruckende Dokumentation The Battle over Citizen Kane.

Ähnliche Szenen bei der Oscar-Verleihung wiederholten sich 2005, als die vom damaligen Präsidenten unerwünschte Dokumentation Fahrenheit 9/11 madig gemacht werden sollte. Dessen Wiederwahl vermochte der Film nicht zu verhindern. 2016 nun hielt sich Trump ebenfalls nicht an Orson Welles Drehbuch und gewann trotz Minderheit der abgegebenen Stimmen den mit harten Badagen ausgefochtenen Wahlkampf.