Das digitale Schweigen

Neben der Spur

Twittern und Bloggen ist nicht überall gerne gesehen. Schon gar nicht, wenn man dabei unter Waffen oder im Parlament steht.

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Die letztwöchige Präsidentenwahl, die mehr an ein drittklassiges Viertelfinale mit Elfmeterschiessen erinnerte, hatte zumindest noch sein kleines lustiges Skandälchen, weil das Satireblatt Titanic angebliche Wahlfrau vorab angebliche Ergebnisse und Erkenntnisse der Wahl veröffentlichte. Die Aufregung darum ist allerdings seit der Existenz von SMS und Twitter im Plenarsaal unbegründet, schliesslich ist das Parlament seit einiger Zeit rhetorisch inkontinen, ja, schafft es nicht einmal mehr rechtzeitig zur Pressekonferenz. Und da die Kanzlerin manchmal auch mehr zu SMSen als zu handeln scheint, ist sie da auch kein gutes Vorbild. Pfui aber auch.

Und in der Armee will das schon gar keiner, wie wir jetzt erfahren müssen. Wer würde in irgendeinem Ernstfall schon Sachen lesen wollen wie Muss aufhören, der Russe sticht mich hier gerade im Schützengraben...ahhhhh.

Aber was, wenn die Verbote den tatsächlichen Wachstumszahlen hinterher hinken? Während zum Beispiel noch alle glauben, dass die Welt vor allem durch Twitter aus den Fugen gerät, können Plaudertaschen durch andere Kanäle ihren Senf auf die Wurst drücken. Das Social Network LinkedIn wächst tatsächlich schneller als es Twitter erlaubt. Und so ist kaum ein Verbot ausgesprochen, schon muss eine andere Plattform für faule Ausreden wie Ich wollte doch nur meinen engen Freunden mitteilen, dass der Dritte Weltkrieg ausgebrochen ist herhalten.

Ein wenig erinnert das alles an Feind klickt mit. Und genauso unerfolgreich wird es auch weiterhin zugehen, Gerüchte im Keim ersticken zu wollen. Übrigens könnte der antike König Midas schon ein Liedchen davon singen. Es bleibt einfach nichts verbogen. Notfalls hilft sogar der Uferbewachs aus, wenn Twitter oder Blogs noch nicht erfunden sein gewesen sollten.