Dem Millionär ist nichts zu schwör

Die Wiederkehr des Verdrängten im Unterhaltungskino: Robert Downey Jr. fliegt zum dritten Mal als "Iron Man" im eisernen Panzer

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch Millionäre, das wird gerade in diesen Tagen für jeden ersichtlich, haben es heute nicht mehr so leicht wie früher. Dass Geld nicht alles ist, wusste man schon immer, zunehmend aber gerät der Reichtum an sich, einst Zeichen für die Gnade Gottes oder für besondere Fähigkeiten, selbst unter Verdacht. Unter den Millionären der Kinowelt ist Tony Stark, alias "Iron Man", ein besonderer: Ein Selfmademan, dessen immenser Reichtum im Gegensatz zu dem vom "Batman" Bruce Wayne ein ererbter ist, ein erwachsener "ganzer" Mann im Gegensatz zum pubertierenden "Spider-Man", und im Gegensatz zu fast allen Superhelden und "X-Men" nicht mit natürlichen Superkräften ausgestattet, sondern seinen Mitmenschen allein qua technischer Intelligenz überlegen.

irpnman4.jpg
Quelle: Concorde

Ein genialer Tüftler wie Daniel Düsentrieb und ein abgeklärter Rüstungsfabrikant. Schon als der erste Teil dieser Franchise 2008 ins Kino kam, war der "Iron Man" spät dran (vgl. Harter Mann klassischen Zuschnitts). Allein in seiner Stahlhaftigkeit schien er ein Relikt alter Zeiten, alles war eisern an ihm und hart, so dass er ein bisschen wirkte wie ein Ritter des Mittelalters in seinen Rüstungen - das Gegenteil von aller Leichtigkeit.

Wie ein extremer Kontrapunkt dazu musste wiederum die Nonchalance erscheinen, mit der Hauptdarsteller Robert Downey Jr. diesen Typen spielte, und plötzlich begriff man, dass sein Name "Iron Man" ja auch noch auf etwas ganz anderes verwies: Auf die Ironie dieses Mannes, die im Fall vom Robert Downey Jr. schnell sardonische, narzisstische Züge annahm. "Iron Man" ist ein Ironie-Mann, ist auch ein Playboy, der als ewiger Junggeselle einerseits das lebt, was viele Zuschauer sich uneingestanden wünschen, andererseits aber eben auch im Privaten nicht "eigentlich so ist, wie alle".

ironman1.jpg
Quelle: Concorde

Das genau machte den altmodischen Charme der bisherigen Filme aus, und diese zu vergleichsweise erwachsenen Superhelden-Abenteuern. Stark ist wie ein Musketier oder wie die Figuren, die früher ein Cary Grant oder ein Humphrey Bogart gespielt hätten: Charmant und desillusioniert, überlegen und abgeklärt, cool und verführerisch, für Frauen attraktiv und für Männer zugleich rotes Tuch und beneidetes Vorbild.

Zugleich musste Stark in diesen ersten Filmen zunächst einmal werden, was er ist. In dem nunmehr dritten Iron Man, der jetzt ins Kino kommt, ist er nun ganz bei sich, zugleich schon abgeklärt distanziert mit sich im Reinen. Auch die Utensilien und ein Teil der Hauptfiguren sind die selben, vom Supercomputer bis zur auch sexuell attraktiven Assistentin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow).

ironman2.jpg
Quelle: Concorde

Und auch sonst ist der Film eine fehlerfreie Wiederholung des Immergleichen: Ein Schurke bedroht die Welt und wird schließlich besiegt. Davor ist Technik in diesem Fall etwas Ambivalentes: Was sie retten soll, wird der Menschheit zur tödlichen Gefahr. Wie oft wird auch hier der Superheldenfilm zum Drama einer (amerikanischen) Gesellschaft, die wie der Zauberlehrling der Gefahren, die herbei gerufen wurden, irgendwann nicht mehr Herr wird.

Überhaupt: "Iron Man" ist, wenn der Ausdruck gestattet sein mag, ein überaus realistischer Superheldenfilm. Denn hier kommen Rüstungsbetriebe vor, Afghanistan, Kriegsverbrechen und die wirkliche Bedrohung geht von Kriegsveteranen aus, die Amok laufen. Die Wiederkehr des Verdrängten im Unterhaltungskino.

ironman3.jpg
Quelle: Concorde

Zu einem Beispiel, das aus dem ständigen Fluss von Superheldenfilmen herausragt, wird "Iron Man 3" vor allem durch seinen Regisseur: Shane Black ist einer der interessantesten Filmemacher Hollywoods. Mit seinem Hauptdarsteller Robert Downey Jr. verbindet Black vieles: Beider Karriere war mehr als einmal am Ende, zu Kassen-Flops kamen Drogenprobleme. Doch 2005 kam "Kiss Kiss Bang Bang", eine Neo-Film-Noir-Komödie über einen Möchtegernschauspieler, der in Hollywood zum Privatdetektiv wird - der Film war eine sehr gelungene Hollywood-Parodie, mit einer Prise Tarantino-Humor, und bescherte Black wie Robert Downey Jr. ihr einstweilen letztes Comeback.

Wie dieser Film lebt auch "Iron Man" mehr von schmissigen Dialogen und dem Witz seines Hauptdarstellers als vom Thrill. Die Action wird Slapstick, man sieht ihr jederzeit an, dass Downey vor Jahren einmal Chaplin gespielt hat.