Dem Volksbegehren zuvorkommen

In der CSU ist die Debatte über die Abschaffung der Studiengebühren neu entbrannt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Am Montag entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, dass ein Volksbegehren der Freien Wähler zur Abschaffung von Studiengebühren zulässig ist, weil das Anliegen nicht gegen Artikel 73 der Bayerischen Verfassung verstößt. Diese Vorschrift regelt, dass Volksbegehren und Volksentscheide nicht in den Staatshaushalt eingreifen dürfen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann hatte argumentiert, mit den Studiengebühren würden vor allem Lehrkräfte bezahlt, weshalb bei deren Abschaffung ein Eingriff in den Staatshaushalt vorliegen würde. Dies überzeugte die Richter nicht – wobei möglicherweise auch eine Rolle spielte, dass die Staatsregierung vorher beständig verlautbart hatte, von den Studiengebühren würde "kein Euro" in den Haushalt fließen. Auf der Website des Wissenschaftsministeriums fand sich diese Angabe sogar noch bis zum Tag des Urteils.

SPD und Grüne hatten eine Abschaffung der Studiengebühren zwar begrüßt, sich aber der Klage wegen angeblicher "Aussichtslosigkeit" nicht angeschlossen. Fallen die Studiengebühren nun, dann fehlt den beiden Parteien im nächsten Jahr ein wichtiges Wahlkampfthema. Das weiß man auch in der CSU, wo nach dem Urteil die Debatte um eine Abschaffung der Studiengebühren ohne vorherigen Volksentscheid neu entbrannt ist. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hatte diesen Weg bereits im letzten Jahr angedacht, aber einen Rückzieher gemacht, nachdem die Fraktion nicht mitspielte. Der Fraktionsvorsitzende Georg Schmid teilte der Presse jetzt mit, dass man "ergebnisoffen" über das Thema sprechen und es auch mit der FDP "diskutieren" wolle. Wissenschaftsminister Heubisch, der Seehofers Koalitionspartner angehört, ist weiter strikt gegen eine Abschaffung, bekommt aber auch aus seiner eigenen Partei offenen Gegenwind - unter anderem von der bayerischen Generalsekretärin Miriam Gruß und vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Andreas Fischer.

Neben dem Volksbegehren der Freien Wähler, das ein kostenfreies Erststudium fordert, läuft aktuell auch eines der Piratenpartei. Sie will die Studiengebühren inklusive der Verwaltungsgebühren in Bayern komplett streichen und hat dafür nach eigenen Angaben ihres Generalsekretär Mark Huger "fast" die nötigen 25.000 Stimmen zusammen, von denen 20.000 beglaubigt sind. Die Freien Wähler hatten insgesamt etwa 29.000 Unterschriften gesammelt, von denen gut 27.000 als gültig anerkannt wurden.