Der Computer, die EULA, Lizenzen... oder: Out of control

Außer Kontrolle

Die Aufregung um die EULA (End User Licence Agreement), die Nutzer des Spieles "Battlefield 3" unterzeichnen sollten, hat sich ein wenig gelegt. Doch die Kontrolle über den eigenen PC haben viele Nutzer längst aufgegeben

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Electronic Arts haben mit den Regelungen der EULA zum neuen Spiel Battlfefield 3 harsche Kritik entfacht. Spyware sei das Programm, das beim Endnutzer automatisch nach anderen Produktion von Electronic Arts (EA) suchen würde, lautete die Einschätzung eines Anwaltes. Ab und an sind es besonders dreiste Nutzungsbedingungen, die kurzfristig zu Empörung führen, doch genauso schnell legt sich die Aufregung und es herrscht wieder Ruhe.

Es scheint eine halbe Ewigkeit her zu sein, dass "Trusted Computing" die "Trusted Computing Platform Alliance", Palladium und dergleichen mehr noch für Aufregung und lautstarken Protest, zu Unterschriftenaktionen, Petitionen und anderem führten, dass sich Nutzer dagegen auflehnten, dass der Computer mehr und mehr Dinge tun sollte, die sie nicht steuern könnten.

Im Jahr 2006 schrieb der Verschlüsselungs- und Sicherheitsexperte Bruce Schneier einen bemerkenswerten Text zum Thema "Wer hat die Gewalt über deinen Computer?". Er warnte davor, dass der PC, der eine befreiende Kraft gewesen sei, dies nicht zwangsläufig auch bleiben würde. Firmen würden zunehmend die Eigentumsverhältnisse in Bezug auf Software und Dateien verändern und der Nutzer die Kontrolle über den eigenen PC verlieren.

Acht Jahre später sind die Warnungen größtenteils ungehört verhallt. Viele derjenigen, die einen PC benutzen, haben diesen als reines Werkzeug akzeptiert, von dem sie größtenteils nicht mehr wissen, was es eigentlich im Hintergrund noch alles "erledigt". Sie verlassen sich auf von anderen eingestellte Virenscanner und akzeptieren, dass diese natürlich regelmäßig aktualisiert werden müssen, wobei sie nicht sehen (können), ob eventuell noch etwas anderes geschieht, da sie nicht das technische Wissen besitzen, um festzustellen, welche Prozesse zu welchen Anwendungen gehören und was diese genau tun. Musikabspielprogramme suchen automatisch im Netz nach Informationen über die Musik, holen passende Cover auf den eigenen Rechner und prüfen, ob Lizenzen für die Musik vorhanden sind; Spiele lassen sich nur dann starten, wenn vorher online geprüft wurde, ob eine entsprechende Lizenz vorliegt...

Viele der Standardcomputer sind mit Software ausgestattet, die dem Nutzer nur noch bestimmte Gebrauchsrechte einräumen, ihn jedoch keinesfalls ermächtigen, mit der Software so zu verfahren, wie es ihm beliebt. Auch wenn viele die EULA nicht einmal lesen oder etliche Regelungen schlichtweg nicht vollziehbar oder legitim sind, so spricht es Bände, dass sich Softwareentwickler und -vertreiber zunehmend auch das Recht einräumen, in die Meinungsfreiheit der Nutzer einzugreifen, indem sie z.B. vorschreiben, welche Kommentare über den angebotenen Voice-over-IP Service verbreitet werden dürfen. Auch DVDs warten zunehmend mit den Standardeinstellungen "Werbung/Warnung vor Raubkopierern nicht vorspulbar" auf, egal ob die Original-DVD erworben wurde oder nicht. Die seitenlangen, in allen Sprachen verfügbaren Regelungen darüber, wann wer und wo die DVD abspielen darf und wann nicht, lassen eine sofortige Rückkehr ins Hauptmenü nicht mehr zu.

Dem Nutzer wird somit nicht nur Werbung etc. aufgenötigt, er verliert auch zunehmend den Überblick darüber, was der Computer tun sollte und was nicht. Dies ist gerade hinsichtlich der Gefahren durch Phishing, Trojanern etc. brisant, denn eine Vielzahl der Nutzer kann nicht einmal mehr bewerten, ob der im Hintergrund laufende Prozess nun zu jenen gehört, die "einfach dazugehören" oder doch eher ein Hinweis auf Spionagesoftware oder Schadsoftware ist. "Who owns your computer" hieß es vor acht Jahre - die Antwort heutzutage lautet: das Gehäuse ist vielleicht noch Eigentum des Käufers, doch die Inhalte sind eine ganz andere Sache.