Der Notfall rückt in Griechenland näher

Die Kosten für die Refinanzierung werden durch Zinsaufschläge immer höher und machen die Sparbemühungen zunichte

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Es war ein Gerücht, dass am Dienstag für Aufruhr sorgte. Market News International hatte mit Bezug auf ungenannte Politiker der Regierung in Griechenland behauptet, dass es in der Athener Regierung großen Widerstand gegen Hilfen unter Einbeziehung des Internationalen Währungsfonds (IWF) gäbe, wie es die Bundeskanzlerin Angela Merkel im Rettungsplan für das Land durchgesetzt hatte.

Die Regierung in Athen befürchte, dass harte Auflagen des IWF soziale und politische Unruhen auslösen könnten, wurde berichtet. Deshalb strebe Griechenland einen Rettungsplan mit einem klareren europäischen Schwerpunkt an. Inzwischen hat Griechenland auf Nachfragen den Bericht dementiert, wonach man das Hilfspaket neu aushandeln wolle, um eine Beteiligung des IWF an den Hilfsmaßnahmen zu verhindern. (

Doch das änderte nichts daran, dass die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen neue Rekordhöhen. Gegenüber den deutschen Anleihen musste am Dienstag ein Aufschlag von mehr als 4 % gezahlt werden. Der Zinsunterschied (Spread) war so hoch wie niemals zuvor, seit Griechenland der Eurozone 2001 beigetreten ist. Mit einem Zinssatz von etwa 7 % wird die Refinanzierung des Landes immer teurer, was den Ernstfall per Rettungspaket immer wahrscheinlicher werden lässt. Bleibt der Spread auf diesem Niveau, fallen nächstes Jahr mehr als zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Zinsen an. Dass ist etwa die Hälfte der Summe, mit der der Haushalt über Sparanstrengungen und über Steuererhöhungen entlastet werden soll.

Die schwache Hoffnung bestätigte sich nicht, dass sich die Zinsen für das Land verbilligen würden, wenn ein Rettungsplan nach dem Hickhack endlich verabschiedet ist. Dazu wäre ein deutliches Signal von den Staaten der Eurozone nötig gewesen. Das zeigte sich schon, als Griechenland kurz nach dem EU-Gipfel fünf Milliarden Euro auf den Kapitalmärkten eingesammelt hat. Das Land musste etwa 6 % Zinsen bieten, um Anleger zu finden. Die Refinanzierung des Landes wird aber nicht nur immer teurer, sondern auch immer schwieriger. Kürzlich fand Griechenland nicht mehr genügend Käufer, um eine zwölfjährige Anleihe um eine Milliarde Euro aufzustocken.

Was den Ernstfall ebenfalls näher bringt, sind Berichte, wonach viel Geld aus Griechenland abfließt. Die Commerzbank hat mit Verweis auf die Bank of Greece berichtet, dass erstmals seit 2001 die Einlagen inländischer Anleger gesunken sind und das Geld vor allem in die Schweiz, nach Zypern und nach Großbritannien überwiesen werde. Gesprochen wird über eine Summe von 8 Milliarden Euro, das wären etwa 4 % der Wirtschaftsleistung.

Das könnte auch der Grund sein, warum Griechenland seine Anleihen immer schwerer verkaufen kann, denn sie werden meist von griechischen Banken gekauft. Doch die kommen über den Geldabfluss ebenfalls in die Klemme. Offenbar befürchten viele Griechen inzwischen, sie könnten bei einem Staatsbankrott ihre Ersparnisse verlieren. "Solche Aktionen kennen wir normalerweise nicht aus Industriestaaten, sondern nur von Bankenkrisen in Schwellenländern wie Argentinien", erklärte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank.