Der ewige Vermittlungsausschuss

Der Bundesrat hat erneut den Vermittlungsausschuss zu den Hartz IV-Sätzen angerufen

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Die längst überfällige, vom Verfassungsgericht geforderte, Korrektur der Hartz IV-Sätze ist nach wie vor in weiter Ferne. Nachdem der Bundestag am Morgen mit der Regierungsmehrheit den schwarz-gelben Kompromissvorschlag durchgewunken hatte, stimmte der Bundesrat kurz darauf für eine erneute Anrufung des Vermittlungsausschusses. Darauf hatten sich die Ministerpräsidenten der Länder in einer eilig einberufenen Sitzung in den frühen Morgenstunden verständigt.

Damit ist weiterhin unklar, wann der Gesetzgeber es schafft, das über ein Jahr alte Urteil des höchsten deutschen Gerichts umzusetzen und die Berechnung von Hartz IV auf eine verfassungskonforme Grundlage zu stellen. Mit einer schnellen Einigung scheint nicht zu rechnen zu sein. Die Debatte im Bundestag war von den üblichen gegenseitigen Schuldvorwürfen geprägt. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen warf der Opposition erneut vor, die Verhandlungen mit einer Forderungsspirale zum Scheitern gebracht zu haben. Die Forderungen der Regierung und der Opposition seien weitestgehend gleich, so von der Leyen. Die Opposition wolle jedoch mehr haben und betreibe so eine Blockadepolitik.

Nur wenige Stunden danach dominierten im Bundesrat dagegen eher versöhnliche Töne. Beide Seiten stellten nicht, wie ursprünglich angekündigt, ihren eigenen Positionen zur Abstimmung - ein Vorgehen, dass den Graben nur noch weiter vertieft hätte, ohne irgendeinen Nutzen zu stiften, da im Bundesrat keine der beiden Parteien über eine Mehrheit verfügt. SPD-Verhandlungsführerin Schwesig betonte erneut ihre Forderungen nach gleichen Bildungschancen für Kinder unabhängig vom Einkommen der Eltern, einer fairen Höhe des Hartz IV-Satzes und der Einführung von Mindestlöhnen. Unterstützung erhielt sie bei letzterer Forderung von Horst Seehofer (CSU), der betonte, dass zwischen Mindestlöhnen und Hartz IV durchaus ein Zusammenhang bestehe, da viele Erwerbstätige mittlerweile Aufstocker seien. Seehofer betonte zugleich, dass es nicht möglich gewesen sei, der von der SPD geforderten Erweiterung der Referenzgruppe für die Regelsatzberechnung von den untersten 15 auf die untersten 20 Prozent der Einkommensbezieher auszuweiten, da die SPD gleichzeitig die Absenkung des verfassungsgemäß ermittelten Satzes für Mobilität gefordert habe, um die Kosten für diese Maßnahme zu senken.

Obwohl beide Seiten betonten, an einer Einigung interessiert zu sein und diese auch für möglich zu halten, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nun eine schnelle Einigung kommt. Die SPD besteht darauf, alle von ihr als Verhandlungsmasse ins Spiel gebrachten Zusatzthemen weiterhin in der Verhandlung zu belassen. Hier ist also noch genug Konfliktpotential vorhanden. Zudem besteht noch immer keine Einigkeit darüber, ob verdeckt Arme und Aufstocker aus der Referenzgruppe herausgenommen werden sollen. Dies allerdings ist notwendig, um einen Regelsatz zu berechnen, der auch vor dem Verfassungsgericht bestand haben kann.

Gregor Gysi kündigte für die Linken unterdessen an, eine Musterklage einer Hartz IV-Empfängerin unterstützen zu wollen, um gerichtlich einen angemessenen Regelsatz feststellen zu lassen.