Des Coders neue Kleider

Wenn man keine Probleme hat, dann schafft man sich gefälligst welche. Zum Beispiel mit der Hilfe eines T-Shirts

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Gut, die wenigsten IT-Konzerne sind verlängerte Catwalks. Vermutlich geht das schon damit los, dass sich 90% der gleich angesprochenen Zielgruppe nicht einmal ganz sicher sind, ob ein "Catwalk" etwas mit einem Spazierweg für Haustiere oder eher doch mit einem Laufsteg zu tun hat.

Aber das sind alles dumme Klischees.

Und trotzdem geniert sich eine Frau Hitchcock nicht, den Kleideralarm für die IT-Branche auszurufen. Es gehe darum, den Nerd vom Jungen zum Mann zu machen. Kleidertechnisch. Vor allem Mark Zuckerberg habe da immensen Nachholbedarf. Ein "effortless style" soll der Schlüssel zum Ganzen für Tech-Execs sein. Also eine vermutlich ziemlich kostenintensive Kleidungsberatung, die nach getaner Arbeit den Firmenchef so aussehen lässt, als wäre er nur zufällig so schön angezogen.

So als hätten die perfekt sitzenden Klamotten wie von einem unsichtbaren Magneten angezogen sich auf den bleichen Körper des Internetvisonärs geschmiegt. In den Worten von Frau Hitchcock:

"Dressing effortlessly is a way to show off your shit, to demonstrate that you have brain power. I certainly could dress them to a tee, but it isn’t what the look is about. Instead, I’m kicking up the techie a few notches and making it sexy."

Was für ein Blödsinn ist das denn bitteschön? Muss ich mir dann Mark Zuckerberg als Sexbombe im T-Shirt vorstellen, das zum heißen Scheiss in der Modeszene gehört und deshalb nur wie beiläufig auf seinen Sechsklässlerschultern gelandet ist? Vermutlich sollten wir noch einmal einen Schritt mit der jungen Dame zurücktreten, ihr natürtlich versichern, dass wir ihre vollkommen legitimen Bemühungen um ein wenig Öffentlichkeitsarbeit für ihren Broterwerb anerkennen, aber ihr dann auch klarmachen, dass sie ein wenig am Ziel vorbeischießt.

Der junge Mann mit seinem Facebook-Dingens setzt mit dem notorischen anthrazitfarbenen T-Shirt ein bewusstes Signal, sich eben nicht um Kleidung zu kümmern, sondern in bequemen Klamotten den Tag zu verbringen, so wie die meisten seiner Angestellten. Weil coden schon ziemich anstrengend sein kann (ist) und deshalb nicht auch noch die Frage mit sich bringen soll, ob man währenddessen auch noch in einem Modemagazin auftauchen könnte.

Sales und Marketing werden das im gleichen Unternehmen vielleicht schon ein wenig anders leben, der Chef schlägt sich eindeutig auf eine Teamseite und sagt mit einem einfachen Kleidungsstück zudem noch, dass er irgendwie noch gegen diese Business-Anzug-Welt steht. Ob das stimmt, ist wieder eine andere Sache. Er sagt es einfach erst einmal.

Wenn Mark Zuckerberg dann vor das Establishment wie den Kongressaussschuss treten muss, hat er dann schon einen Anzug an, keine Bange. Aber das sagt ja Frau Hitchcock auch wieder nicht. Sie will doch nur, dass die T-Shirts von Zuckerberg "effortless" ausschauen.

Tun sie bereits, Frau Zuckerberg, tun sie. Wir dürfen Sie beruhigen.