Deutsche Exporteure zündeln weiter

Ausfuhren wachsen rasant, Handelsbilanzüberschuss ebenso. Ungleichgewichte in der EU verschärfen sich dadurch

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Deutschland arbeitet weiter mit aller Kraft daran, dass die Schieflagen in der Eurozone erhalten bleibt. Wie das Statistische Bundesamt am heutigen Montag berichtete, haben die Ausfuhren im März gegenüber dem Vorjahresmonat um 23,3 Prozent zugelegt. Auch die Einfuhren wuchsen, allerdings langsamer. Dadurch ist der ohnehin nicht geringe Außenhandelsüberschuss weiter gewachsen. Im März betrug er 17,2 Milliarden Euro. Damit erwirtschaftete Deutschland allein im ersten Quartal einen Überschuss von 37,8 Milliarden Euro, 10,3 Milliarden mehr, als noch vor einem Jahr.

Zum Vergleich: Das viel gescholtene China, das hierzulande gerne zur großen Gefahr stilisiert wird, hat seine Exporte zwar ebenfalls kräftig steigern können, führte aber zugleich auch erheblich mehr ein. Unterm Strich blieb im April nur ein vergleichsweise bescheidener Handelsbilanzüberschuss von rund 1,3 Milliarden Euro, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg schreibt.

In Deutschland, so die Zahlen der Düsseldorfer Statistiker, sind die Ausfuhren allein von Februar auf März um 10,7 Prozent gewachsen. Nun hoffen Ökonomen, so heißt es bei einigen Agenturen, dass es im ersten Quartal doch noch ein kleines Wachstum der deutschen Wirtschaft gegeben hat. Oder mit anderen Worten: Der Export boomt, aber der Binnenmarkt ist weiter am Boden, so dass deutsche Verbraucher kaum Waren aus den anderen EU-Staaten nachfragen.

Hierzulande fühlt sich der Stammtisch ja als Zahlmeister der EU, eine Wahrnehmung, die von den Politikern der großen Parteien gerne bestärkt wird. Die Zahlen der Statistiker sprechen allerdings eine andere Sprache: Zählt man die Abflüsse und Zuflüsse an Kapital und Waren zusammen, so erhält man mit der Leistungsbilanz ein Maß dafür, ob das Guthaben eines Landes im Vergleich zum Ausland zu- oder abnimmt. In Deutschland ist die Leistungsbilanz im Gegensatz zu vielen anderen EU-Staaten seit längerem ausgesprochen positiv (siehe den Artikel von Tomasz Konicz zur Griechenland-Krise). Allein im ersten Quartal 2010 betrug der deutsche Leistungsbilanzüberschuss 31,7 Milliarden Euro, 9,1 Milliarden mehr als ein Jahr zuvor.

Die Destatis-Zahlen zeigen, dass dieses (weiter wachsende) Ungleichgewicht vor allem zu Lasten der anderen EU-Mitglieder geht: Im März 2010 wurden in die EU Waren im Wert von 51,4 Milliarden Euro verkauft, aber nur für 42,9 Milliarden Euro Waren von dort bezogen. Wie gegenüber den meisten anderen Ländern wuchsen auch gegenüber den Mitgliedern der EU und der Eurozone im Durchschnitt die Ausfuhren jeweils schneller als die Einfuhren. Ein relativ einfaches Mittel, diese Schieflage zu beheben, wäre die Stärkung der kaufkräftigen Nachfrage in Deutschland. Höhere Löhne, Gehälter und Sozialleistungen würden den Binnenmarkt und damit auch die Nachfrage nach Importgütern ankurbeln, aber natürlich den Gewinn der Exportwirtschaft schmälern.

Besonders stark sind die deutschen Exporte zuletzt allerdings in Länder außerhalb der EU gewachsen. Der billigere Euro mag dafür hilfreich gewesen sein. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.