Die CDU und die starken Frauen

Außer Kontrolle

Robin Alexander sieht in der "Welt" die CDU als Partei der starken Frauen. Doch was deren "Stärke " ausmacht bleibt nebulös

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"Die Partei der starken Frauen" hat Robin Alexander in der Zeitung "Die Welt" seinen Kommentar betitelt und in eben diesem Kommentar die Frauen aufgezählt, die als "starke Frauen" gelten: Neben der Kanzlerin Julia Klöckner, Ursula von der Leyen, Kristina Schröder, Annegret Kramp-Karrenbauer. Eine bunte Mischung, deren Mitglieder nur eines gemeinsam haben: sie sind weiblich und gehören der CDU an. Doch was macht deren Stärke aus?

Robin Alexander, der sich von 17 bis 18 Uhr den Fragen der Kommentierenden stellte, hatte auf diese Frage nicht wirklich eine Antwort. Die Zeit war auch zu knapp bemessen, nach neun Antworten, die teilweise auf direkte Fragen eingingen, teilweise eher aus lakonischen Bemerkungen bestanden, musste Robin Alexander zum "Kinderdienst", wie er sagte und bedankte sich für die Runde. Hier zeigte sich, was viele Zeitungen mittlerweile als Dialog mit den Lesern verstehen – eine Stunde oder zwei Stunden lang wird eher spärlich diskutiert, danach entschwindet der Autor und lässt insbesondere viele offene Fragen zurück. Für die Kommentierenden blieb letztendlich die Aussage Robin Alexanders, er habe darauf aufmerksam machen wollen, dass die CDU-Spitze zunehmend weiblicher wird, während die SPD doch eher männlich dominiert wird. Doch was hat das mit der "starken Frau" zu tun, die sich von der "Frau an der Spitze" genau wodurch abhebt?

Die Auswahl der Frauen besagt, dass es letztendlich eher darum geht, Frauen an der Spitze überhaupt zu erwähnen, was auch durch ein "Die CDU - die Partei mit den Frauen an der Spitze" hätte gesagt werden können, ohne das eher nebulös angewandte Wort "stark" zu verwenden. Dabei sind, abgesehen von Annegret Kramp-Karrenbauer gerade Kristina Schröder und Ursula von der Leyen lediglich in dem Sinne stark als dass sie entweder vom Parteiproporz profitierten oder aber durch Netzwerke und Beziehungen, nicht zuletzt durch die Familie wie im Falle Ursula von der Leyens, an die politischen Futternäpfe kamen.

Familienministerin Schröder

Kristina Schröder, ehemals Köhler, profitierte beispielsweise davon, dass bei der Umgestaltung des Kabinetts noch ein hessischer Minister gesucht wurde – hier noch dazu eine weibliche Person zu wählen, war insofern ein kluger Schachzug, doch besagte er über die reine Professionalität bzw. die Qualifikation der Frau Schröder wenig. 2010, als Kristina Schröder von mir kritisiert wurde, hieß es noch, es gelte, der Frau eine Chance zu geben. Doch mehr als zwei Jahre später ist die Bilanz der Frau Schröder eher mager.

Ihr Steckenpferd, der Linksextremismus, den sie, genau wie ihr Mann, als Feindbild erkoren hat, gehört zwar letzten Endes nicht in ihr Ressort, doch das ficht die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wenig an, dafür macht sie dadurch Schlagzeilen, dass eine kritische Betrachtung ihres Programmes zur Bekämpfung des Linksextremismus zurückgehalten wird. Die bisherige Bilanz des Aussteigerprogramms Linksextremismus (wobei dieses Wort eigentlich in Gänsefüßchen gehört, da es recht vage verwandt wird) lässt sich hier nachlesen.

Arbeitsministerin von der Leyen

Ursula von der Leyens bisherige Tätigkeiten sind geprägt davon, dass sie wenig auf Kritik Bezug nimmt oder diese gar reflektiert. Das von ihr auch mittels falscher und aufgeblähter Zahlen durchgesetzte Zugangserschwerungsgesetz wird wohl als das gescheiterte Gesetz in Erinnerung bleiben, das zunächst trotz aller Kritik durch emotionale Brachialgewalt in den Medien durchgesetzt wurde, dann durch einen Erlass von der Anwendung ausgenommen wurde (ein bisher, so weit mir bekannt, einmaliger Akt) und letztendlich zurückgenommen wurde. Die Art und Weise, wie Ursula von der Leyen Worte und Zahlen verdrehte und fälschte, ist hinlänglich dokumentiert worden.

Seit ihrem Wechsel ins Arbeitsministerium ist das, was Frau von der Leyen geschafft hat, auch wieder von Halbherzigkeit bzw. Ignoranz geprägt. Die Zuschussrente, die den Gang ins Sozialamt verhindern soll, entwickelt sich zum ALG II für Ältere, inclusive des Daten- und Privatlebenstripteases; die Bürgerarbeit entpuppte sich wenig überraschend als Rohrkrepierer; Geldstrafen für die Eltern von Schuleschwänzern eigneten sich zwar kurzfristig als Medienthema, doch eine Lösung für ein Problem oder gar eine Strategie waren sie nicht.

Dazu kamen kurzsichtige bis naive Gedankengänge wie jener, dass sich Selbständige, die nicht genug einnehmen, sich doch auf offene Stellen bewerben sollten. Was bleibt ist die Überlegung, ob Frau von der Leyen die Probleme, die mit der Arbeit ihres Ressorts einhergehen, überhaupt erfasst und ob sie nicht vielmehr lediglich Phrasendrescherei und medial effektvolle Rabulistik betreibt.

Julia Klöckner, Mitglied im CDU-Präsidium

Und auch die "große Hoffnung" Julia Klöckner mutet als "starke Frau" eher seltsam an, bedenkt man, wie ihre Empfehlungen ausfielen, die weniger darauf abzielten, ihre Qualifikation in den Vordergrund zu stellen, sondern eher ihr Aussehen bzw. ihr Geschlecht, wenn von "dem frischen jungen Gesicht, das die Partei braucht" die Rede ist. Während dies zwar eher denjenigen negativ anzulasten ist, die auf solche Äußerlichkeiten Wert legen, zeigt es jedoch auch auf, dass Frauen letztendlich auch gerne als Alibipolitiker dienen. Dass dies funktioniert, zeigt sich darin, dass die CDU jetzt schon als Partei der starken Frauen angesehen wird, bloß weil es in der Parteispitze nun doch Frauen gibt.

Kanzlerin Angela Merkel

Über die vermeintliche Stärke der Kanzlerin wurde schon genug diskutiert. Ihre an Kohl erinnernde Art und Weise, manches Problem einfach auszusitzen bzw. zu ignorieren, ist - genauso wie ihr Hang dazu, Aussagen zu machen, die sie innerhalb kürzester Zeit durch gegenteilige Handlungen wieder ad absurdum führt, hinreichend dokumentiert. Wodurch sich also die "Stärke" der Frauen manifestiert und inwiefern diese Frauen an der Spitze tatsächlich zeigen, dass die CDU zur Frauenpartei wurde bzw. Quoten und Proporz zu hoher Professionalität und Qualifikation führen können, bleibt weiter offen.