Die Sorgen um die Weltwirtschaft

Der US-Notenbankchef bezeichnet de Ausblick für die US-Wirtschaft als "außergewöhnlich unsicher"

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Alles läge im grünen Bereich, hatte eine scheinbar gut gelaunte Bundeskanzlerin erst am Mittwoch verkündet, obwohl ihre Regierung in der Wählergunst immer tiefer einbricht. Angela Merkel hatte eigentlich nur Selbstlob für ihre Regierung übrig, bevor sie sich in den Sommerurlaub verabschiedet hat. Dabei stolpert ihre schwarz-gelbe Truppe seit Monaten von einem Problem zum nächsten und in ihrer CDU verlassen die Lokalfürsten das (sinkende?) Schiff. "Deutschland hat sich in der Wirtschafts- und Finanzkrise stärker als erwartet gezeigt", unterstrich Merkel. Man habe zum Beispiel mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz einen wichtigen Konjunkturimpuls gesetzt, meinte sie. Von einem "kleinen Wunder" sprach sie angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt, der besser als vor der Krise sei.

Über alle diese angeblichen Erfolge kann diskutiert werden, das gilt für die Effekte der angeblichen Wachstumsbeschleunigung genauso, wie für die Arbeitslosenzahlen. Die sind systematisch untertrieben und ohnehin werden die Arbeitsverhältnisse immer prekärer. Doch ohnehin wird mit viel Geld auch weiter in Deutschland massiv die Kurzarbeit finanziert. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) geht in diesem Jahr bundesweit von rund 650.000 Kurzarbeitern aus. Die Kurzarbeit wird von der BA mit fast 4,5 Milliarden Euro finanziert.

Dass trotz des versprühten Optimismus gerade im Bundestag die Sonderregelungen zur Kurzarbeit erneut um 15 Monate verlängert wurden, spricht nicht gerade für diesen zur Schau getragenen Optimismus der Kanzlerin. Denn eigentlich sollten die Regelungen zum Jahresende auslaufen. Das wäre auch nur konsequent, wenn die Kanzlerin ihre eigenen Worte glauben würde. Statt dessen werden die Arbeitgeber trotz des angeblichen "Wunders" am Arbeitsmarkt weiter massiv subventioniert, während sonst massiv die Schere angesetzt wird. Die Bundesagentur übernimmt etwa zwei Drittel der Lohnzahlungen und trägt ab dem siebten Monat auch weiter den gesamten Arbeitgeberanteil an den Sozialleistungen.

Der ohnehin schwache deutsche Aufschwung baut aber vor allem auf den Export, denn der Binnenkonsum ist weiter schwach und wird durch Sparpläne nicht gestärkt. Aber ausgerechnet der Motor der Weltwirtschaft beginnt wieder zu stottern. So war es der US-Notenbankchef Ben Bernanke, der am Mittwoch bei einer Anhörung im US-Kongress erklärte, der Ausblick für die US-Wirtschaft sei "ungewöhnlich unsicher". Die Notenbank (FED), die das Finanzsystem mit ihrer Nullzinspolitik weiter an der Doping-Spritze hängen lässt, kündigte an, dass die FED bereit dazu sei, notfalls weitere Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur zu ergreifen. Die Wachstumsprognose hatte die FED erst kürzlich auf 3% bis 3,5% gesenkt.

Vor allem sorgt man sich in der FED um die Entwicklung am Arbeitsmarkt, denn in den ersten sechs Monaten seien deutlich weniger neue Jobs geschaffen worden, als für eine nachhaltige Erholung notwendig wäre. Es werden "wahrscheinlich viel Zeit brauchen", um die fast 8,5 Millionen Arbeitsplätze wieder zu schaffen, die 2008 und 2009 verloren gingen, sagte Bernanke. "Ernsthaft besorgt" zeigte sich FED-Chef über die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen. Fast die Hälfte der Arbeitslosen ist länger als ein halbes Jahr ohne Job, etwa ein Viertel schon länger als ein Jahr und die Langzeit-Arbeitslosigkeit bedroht nicht nur immer mehr Banken, sie schade auch dem privaten Konsum und könne letztlich zu einem Verlust qualifizierter Fachkräfte führen.

Trotz des starken Wachstums der letzten Monaten verharrt die Arbeitslosenquote auch offiziell weiter auf 9,5% und damit noch immer deutlich über der Quote von 8,9%, die im "Schmierentheater" des so genannten Banken-Stresstest im Worst-Case-Szenario angenommen wurde. Bernanke wusste am Mittwoch schon, dass sich in der vergangenen Woche mit 464.000 Menschen deutlich mehr Amerikaner arbeitslos gemeldet haben, als erwartet wurde. Es waren 37.000 mehr als in der Woche zuvor.

So fragt man sich, wohin die Exportwirtschaft Deutschlands bald ihre Waren liefern will, wenn sich die Lage in den USA nicht wie erhofft entwickelt. Dazu kommt, dass sich die Hauptabnahmeländer deutscher Waren in der EU allesamt, auch auf massiven Druck aus Berlin, massive Sparpläne auferlegt haben. Unter denen wird die Konjunktur in den einzelnen Ländern und der gesamten EU leiden. Gerade wurde die Kreditwürdigkeit Irlands herabgestuft, weil die Sparpläne das Wachstum auf Jahre belasten werden. Spanien hat das auch schon hinter sich gebracht und gestern hat die Regierung ihren Sparplan für Infrastruktureinrichtungen vorgelegt. Damit sollen allein 2010 etwa 3,2 Milliarden Euro eingespart werden. Die Gewerkschaften rechnen vor, dass damit ab September 100.000 Stellen nicht geschaffen werden, womit die Rekordarbeitslosigkeit von 20% weiter wachsen dürfte.