Die Zeit macht CCS irrelevant

Befürworter zahlen aus Angst vor Strukturwandel weiter

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In Beeskow/Brandenburg fand ein Kongress zur Zukunft der Kohleverstromung und der aktuellen CCS-Projekte statt. Die Region ist sowohl durch die Nähe zu den Tagebauen und Kraftwerken, als auch als möglicher Standort für die CO2-Einlagerung im Untergrund betroffen. Mit CCS (CO2-Abscheidung und -Speicherung bei der Stromproduktion in Kohlekraftwerken) sollen die Abgase CO2-frei werden. Kohlekraftwerke, so die Hoffnung von Betreibern und Politik, könnten mit CCS konform mit den Klimazielen und Emissionsvorgaben werden, ohne strukturelle Entscheidungen treffen zu müssen.

Daniel Vallentin vom Wuppertal Institut zog auf dem Kongress das Resumee, dass die bisherigen Verzögerungen bei der Entwicklung dazu führen, dass CCS erst frühestens 2025-2030 zur großmaßstäblichen Erprobung bereit steht. Das Verfahren habe bis dahin jedoch schon seine Relevanz vollends verloren, weil es preislich nicht mehr mit dem zukünftigen Energieangebot werde konkurrieren können. Denn schon einige Jahre vorher werde Offshore-Strom billiger produziert als Kohlestrom + CCS. Strom aus einem regenerativen Energieträgermix werde spätestens bis 2030 billiger sein als Kohlestrom + CCS.

Die CCS-Entwicklung ist bisher nicht wirklich vorangekommen. Je nach Verfahren werden nur Bruchteile des Abgasvolumenstroms erfasst. Außerdem braucht das Verfahren zusätzlich Energie und würde die Kohlekraftwerke noch ineffizienter machen. Würde das gesamte Abgas erfasst, müssten 20 bis 44 Prozent mehr Energie aufgebracht werden. Die fußballfeldgroßen Abscheideanlagen würden laut Rolf Kreibich vom Berliner Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) die Anlagenkosten in die Höhe treiben. Ein 1000-Megawatt-Kohlekraftwerk würde um 1,2 Milliarden Euro teurer. Die Proteste letzten Herbst in Nordfriesland zeigen zudem, dass die Technik auch an den geplanten CO2-Deponien auf Widerstand und Ablehnung stößt. Dort sollte per Pipeline aus dem Ruhrgebiet angeliefertes CO2 zur Zwischenlagerung zukünftig in die unterirdischen Salzwasser führenden Schichten eingepresst werden.

Der Energiekonzern Vattenfall, der in Ostdeutschland noch viel Braunkohle für die Stromerzeugung verbrennt, hält noch an den CCS-Versuchen fest. In Spremberg betreibt er eine CCS-Pilotanlage und will in Jänschwalde ein CCS-Versuchskraftwerk errichten. Für die Speicherung des Gases ist unter anderem ein Gebiet bei Beeskow im Gespräch. Gestützt wird Vattenfall vor allem von der Politik. Denn bisher sprechen sich nur die Bündnisgrünen gegen CCS aus. Die brandenburgische SPD, die Linke und die oppositionelle CDU sind dagegen pro CCS-Technologie und möchten sie auch in der CO2-intensiven Stahl- und Zementproduktion einsetzen.

Gleichzeitig gab die EU-Kommission bekannt, dass sie weitere 30.000.000 Euro an das Stahlwerk im brandenburgischen Eisenhüttenstadt gibt. Erforscht werden sollen Möglichkeiten der CO2-Reduktionen bei der Stahlproduktion. Die gewonnene Effizienz würde durch zusätzlichen Energieaufwand für CCS wieder zunichte gemacht.