Die Zeitung La Repubblica gegen Berlusconi

Politisch ist Berlusconi in Italien derzeit offenbar unangreifbar, die Zeitung versucht nun, die geheimnisvolle Beziehung mit einem Mädchen zu skandalisieren.

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Die noch geheimnisvolle Beziehung des italienischen Ministerpräsidenten zu dem jungen Mädchen Noemi Letizia scheint den "Cavaliere" tiefer zu treffen als seine politischen Versuche, immer mehr Macht an sich zu reißen und sich des "nutzlosen" Parlaments zu entledigen. Nun hat er nicht nur mit der Scheidung von seiner Frau zu kämpfen, die ihm Verhältnisse mit Minderjährigen vorwirft, sondern auch mit dem Verdacht, möglicherweise wirklich etwas mit Minderjährigen zu tun zu haben.

Die Verquickung von Politik und Sexualität in den Medien ist übel für einen Mann, der einen Großteil der Medien kontrolliert und der nun vor allem von der Tageszeitung La Repubblica attackiert wird, nachdem durch einen Korrespondenten der Zeitung bekannt wurde, dass Berlusconi die Feier zum 18jährigen Geburtstag des Teenagermodels in Neapel besucht hatte. Das Mädchen nennt Berlusconi "Pappa", Berlusconis Frau hat wegen der undurchsichtigen Beziehung schon einmal die Scheidung verlangt. Die Zeitung weist jeden Vorwurf von sich, dass sie mit der Skandalisierung in die Privatsphäre von Berlusconi unberechtigt eindringe. Der habe selbst sein privates und politisches Leben derart verwoben, dass es hier keine Grenzen mehr gebe. Zudem habe Berlusconis Frau das Thema in die Öffentlichkeit gebracht. Und womöglich können auch Figuren wie Berlusconi nicht politisch, sondern nur auf dieser Ebene des Klatsches wirksam angegriffen werden.

Die Zeitung schickte Berlusconi, der dieser vorwirft, eine Schmierenkampagne zu machen, am 14. Mai 10 Fragen, um sein Verhältnis zu dem Mädchen zu klären, da der Ministerpräsident bislang keine Aufklärung geleistet habe und es einige Inkonsistenzen zwischen seinen Äußerungen und den Berichten anderer gebe. Es sei die Aufgabe des Journalismus, solche Widersprüche aufzulösen.

So soll Noemi gesagt haben, dass Berlusconi ihr helfen werde, im Showgeschäft oder in der Politik Karriere zu machen. Trifft dies zu, will die Zeitung wissen. Oder sie will wissen, wie denn die früheren Begegnungen verlaufen seien. Mehr als 40.000 Facebook-Nutzer haben sich der Zeitungskampagne angeschlossen und verlangen, dass Berlusconi antworten soll: "Berlusconi Rispondi!" Bekannt wurde gerade, dass Berlusconi Letizia im November 2008 zu einem Regierungsessen mit der Modeindustrie in Rom eingeladen hatte, danach flog sie nach Mailand, um sich für einen Job als Wettersprecherin in einem der Berlusconi-Sender zu bewerben, wo sie allerdings wegen ihrer mangelnden Redefähigkeit nicht genommen wurde. Auch zu anderen Gelegenheiten hatte Berlusconi das Mädchen eingeladen.

Nun hat die Zeitung den früheren Freund von Noemi befragen können und sagt, dass Berlusconi nach den Aussagen von diesem die Öffentlichkeit angelogen habe. So habe Berlusconi nichts mit dem Vater des Mädchens früher zu tun gehabt, Noemi habe er erst Oktober 2008 kennen gelernt – durch Fotografien für eine Modeveröffentlichung. Daraufhin habe er das Mädchen kontaktiert, öfter mit dieser telefoniert, von ihrem "Engelsgesicht" und der Reinheit geschwärmt und dann eben auch eingeladen, das erste Mal über Weihnachten nach Sardinien in seine Villa Certosa, zusammen mit Letitizias ebenfalls 17jährigen Freundin und anderen Mädchen.

La Repubblica wird es wohl auch mit dieser Kampagne nicht schaffen, den in Italien noch immer beliebten Berlusconi vom Thron zu stoßen. Noch liegt seine auf ihn zugeschneiderte Partei in Umfragen bei den Europawahlen in Führung, die Opposition ist machtlos. Vielleicht genießen ja viele Italiener auch, ihrem Regierungschef wie einst den Adeligen zusehen zu dürfen, wenn das vorgeführte Leben nur spannend genug ist und von der Langeweile des bürgerlichen Lebens abweicht. Skandale, Affären, schmutzige Spiele, Spektakel, Schmierenkomödien und pompöse Selbstinszenierungen gehören dazu.