"Durch und durch verkorkste Erklärung"

Bischof Williamson wartet mit einer merkwürdigen Entschuldigung auf

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Die kirchennahe Presseagentur Zenit behauptet in einer Artikelüberschrift, der Traditionalistenbischof Williamson habe seine hetzerischen Aussagen zum Holocaust zurückgenommen. Derweil spricht der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, von einem "Bedauern dritter Klasse": "Nein: Diese durch und durch verkorkste Erklärung von Williamson nimmt leider überhaupt nichts zurück, sie lässt vielmehr den Schluss zu, er halte die Holocaust-Leugnung, die er ja schon seit Jahrzehnten pathologisch auslebt, weiter aufrecht."

Eine eigene Meinung kann man sich anhand der von Zenit dokumentierten Erklärung des "Laienhistorikers" Williamson bilden:

"Der Heilige Vater und mein Oberer, Bischof Bernard Fellay, haben mich ersucht, die Bemerkungen, die ich vor vier Monaten gegenüber dem schwedischen Fernsehen gemacht habe, neu zu überdenke, da deren Folgen sehr schwerwiegend gewesen sind.

In Anbetracht dieser Folgen kann ich wahrheitsgemäß sagen, dass es mir leid tut, diese Bemerkungen gemacht zu haben, und dass ich sie nicht gemacht hätte, wenn ich im Vorhinein um den ganzen Schaden und den Schmerz gewusst hätte, die diese verursachen würden, besonders der Kirche, aber ebenso den Überlebenden und den Verwandten der Opfer der Ungerechtigkeit unter dem Dritten Reich.

Im schwedischen Fernsehen habe ich nur die Meinung (... "Ich glaube", ... Ich glaube") eines Nicht-Historikers geäußert, eine Meinung, die sich vor 20 Jahren auf Grundlage der damals verfügbaren Beweise herausgebildet hat und seither selten in der Öffentlichkeit geäußert worden ist. Nichtsdestoweniger haben mich die Ereignisse der letzten Wochen und der Rat von älteren Mitgliedern der Bruderschaft des hl. Pius X. von meiner Verantwortung für die verursachten großen Schwierigkeiten überzeugt. Ich bitte alle, die sich aufgrund meiner Worte aufrichtig entrüstet haben, vor Gott um Vergebung.

Wie der Heilige Vater gesagt hat: Jeder Akt ungerechter Gewalt gegen auch nur einen Menschen verletzt die gesamte Menschheit."

Textexegese ist bekanntlich eine Spezialität der Theologen. Aber auch ein Laienexeget wird aus diesen Zeilen vor allem Williamsons Bedauern über die von ihm „verursachten großen Schwierigkeiten“ für Kirche und Piusbruderschaft herauslesen. Angesichts des Umstandes, dass in den verquasten Formulierungen von Williamson kein wirklicher Widerruf seiner Leugnung des sechsmillionenfachen Mordes an Juden erfolgt, wirkt die Anhängung des Papstzitates, in dem ein "Sprichwort" aus dem Talmud anklingt, besonders perfide.

Auch der deutsche Traditionalistenchef Pater Schmidberger bedauert inzwischen eifrig, noch Ende letzten Jahres alle Juden, die die Göttlichkeit Christi leugnen, der Mitschuld am „Gottesmord“ bezichtigt zu haben. Die Piusbruderschaft steht für eine Kirchenströmung mit klerikalfaschistoider Tradition, die das katholische Reformkonzil als „Gift, das wir niemals trinken werden“, bezeichnet. Über den „Einzelskandal Williamson“ hinaus ist eine judenfeindliche Theologie konstitutiver Bestandteil ihres Selbstverständnisses.