EU streitet über gemeinsame Kaukasus-Politik

Frankreich will Gespräche mit Moskau, Schweden drängt auf Handelssanktionen

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Einen Monat vor dem nächsten EU-Russland-Gipfel im südostfranzösischen Nizza und der wenige Tage später stattfindenden zweiten Runde der Georgien-Gespräche ist zwischen den EU-Mitgliedsstaaten Streit um die Haltung zu Russland entbrannt. Während sich die französische Ratspräsidentschaft für eine Annäherung an Moskau ausspricht, wenden sich osteuropäische, nordische und baltische Staaten nach wie vor gegen eine solche Politik.

Wie aus diplomatischen Kreisen in Brüssel zu erfahren ist, hat Schweden sogar auf eine Sanktionierung Russlands gedrängt. Nach der Anerkennung der staatlichen Souveränität von Südossetien und Abchasien durch Moskau solle eine "Eindämmung der Investitionstätigkeit" Russlands in diesen Regionen geprüft werden, sei von schwedischen Vertretern vorgeschlagen worden. Konkret hieße das: Unternehmen, die in den beiden Regionen tätig sind, hätten im Einflussgebiet Brüssels Nachteile zu befürchten. Der Vorschlag wurde von der EU-Kommission mit Verweis auf die Praxis der USA abgelehnt, unilaterale Sanktionen auch auf Drittstaaten auszuweiten, wenn sie gegen die eigene Politik verstoßen. Solche Regelungen werden von den US-Regierungen seit Mitte der 1990er Jahre vor allem im Fall Kubas angewandt. Ihre völkerrechtliche Legitimität ist stark umstritten.

Stattdessen diskutieren die EU-Mitgliedsstaaten eine Koordinierung der "Nichtanerkennungspolitik" gegenüber den Regionen Südossetien und Abchasien, die von Georgien beansprucht werden. So sollen nach Willen Schwedens und Litauens Bürger aus beiden Gebieten von der EU nicht automatisch als russische Staatsbürger behandelt werden. Die russischen Behörden geben seit Jahren Pässe an die Bewohner der Regionen aus. Mehrere andere EU-Staaten drängten hingegen auf eine "flexible Handhabung" dieser Situation.

Mitte vergangener Woche waren in Genf die Georgien-Gespräche von Russland vorzeitig beendet worden. Die Unterhändler aus Tiflis hatten sich zuvor geweigert, mit Abgesandten Südossetiens und Abchasiens zu reden. Moskaus Außenminister Sergej Lawrow legte dagegen Protest ein. In den Friedensabkommen vom 12. August und 18. September sei eine Teilnahme auch dieser Regionen festgelegt worden. Seine Regierung hoffe vor diesem Hintergrund auf eine "bessere Vorbereitung" der kommenden Gespräche. Bekannt wurde indes, dass Russland international die diplomatische Vertretung von Südossetien und Abchasien übernimmt. Der Außenminister Abchasiens, Sergej Schamba, bestätigte zudem die Reaktivierung russischer Militärstützpunkte in der Region. Auch das einstige Hauptquartier Moskaus in der Schwarzmeerstadt Gudauta werde wieder in Betrieb genommen. Nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur will Russland je bis zu 3800 Soldaten in Abchasien und Südossetien stationieren.