Eisschwund

Deutsche Wissenschaftler haben ihre Prognose für das diesjährige Minimum der Meereisfläche in der Arktis abgegeben

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Auch für dieses Jahr rechnen die Wissenschaftler wieder mit einem kritischen Minimum des Packeises im Spätsommer. Mitarbeiter des Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven sowie des KlimaCampus der Universität Hamburg haben sich mit ihren jeweiligen Prognosen an einem internationalen Wettstreit, dem Sea Ice Outlook beteiligt, bei dem Polarforschergruppen aus diversen Ländern ihre Abschätzungen des jährlichen Eiszyklus veröffentlichen.

Das Eis auf dem arktischen Ozean wächst und schrumpft mit den Jahreszeiten. Kurz nach dem Ende des Winters im März erreicht es für gewöhnlich sein Maximum, während die geringste Ausdehnung regelmäßig in den Wochen um den Herbstbeginn zu verzeichnen ist. Seit Ende der 1970er Jahre liegen regelmäßige Beobachtungen der Eisfläche vor, die einen abnehmenden Trend in den sommerlichen Minima zeigen. Insbesondere seit Beginn des neuen Jahrtausends hat sich der Trend beschleunigt.

Die AWI-Forscher rechnen damit, dass sich das Meereis im September auf 5,2 Millionen Quadratkilometer zurück ziehen wird. Die Hamburger Gruppe geht sogar von nur 4,7 Millionen Quadratkilometer aus, wie das AWI in einer Pressemitteilung schreibt. Den bisher stärksten und besonders spektakulären Rückgang hatte es 2007 gegeben, als das Eis nur noch 4,3 Millionen Quadratkilometer bedeckte, was rund 20 Prozent unter dem Wert des bis dahin erreichten Rekordminimus lag.

N_stdev_timeseries.png
Aktuelle Eisbedeckung in der Arktis im vergleich zum Mittelwert und zu 2007 (Bild: NSIDC)

In den drauf folgenden Jahren fiel das sommerliche Minimum zwar wieder etwas größer aus (2008 4,68 und 2009 5,36 Millionen Quadratkilometer), doch sei das noch lange kein Grund zur Entwarnung. Die Wissenschaftler gehen grundsätzlich von einer langfristigen Abnahme der Meereisbedeckung rund um den Nordpol aus. Wie wenig von einer Erholung des Eises die Rede sein kann zeigt auch die Tatsache, dass die Arktiseisfläche zwischen 1980 und 1990 nie unter sieben Millionen Quadratkilometer schrumpfte.

Im Augenblick ist die Eisfläche sogar noch kleiner als im Juni 2007, aber daraus kann nicht unbedingt auf das Minimum im September geschlossen werden. Das wird vielmehr von den Windbedingungen und den Temperaturen der nächsten drei Monate sowie auch von der Eisdicke abhängen. Je dünner das Eis, desto weiter kann es sich im Sommer zurückziehen. Daten des Eisvolumens, die zugleich eine Aussage über die Dicke enthalten, zeigen einen Besorgnis erregenden negativen Trend, wie unten stehende Grafik zeigt.

vv
Eisvolumen, berchnet aus Beobachtungen und mit Hilfe eines Eismodells (Bild: NSIDC)

Die Prognosen werden bis September monatlich aktualisiert werden. Die Bremerhavener benutzen für ihre Abschätzung ein Eismodell, dass sie mit aktuellen Beobachtungsdaten von Satelliten, Wetterstationen und Driftbojen füttern. Die Hamburger versuchen hingegen eher Erfahrungswerte zu ermitteln, in dem sie auf der Grundlage von Satellitenbeobachtungen die aktuelle Entwicklung mit der in den Jahren 2003 bis 2009 vergleichen. Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf sogenannte Polynyen gelegt, das heißt auf offene Wasserflächen im Eis, die sich im Sommer bilden und den Prozess des Auftauens deutlich beschleunigen können.