Elterngeld: Die Festigkeit traditioneller Verhältnisse

Auch wenn das Bundesamt für Statistik einen Trend ausmacht, wonach mehr Väter das Elterngeld beanspruchen, bestätigen die Zahlen doch eher alte Muster: Zuhause bleibt die Mama

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Veränderungen im familiären Rollenschema geschehen nur sehr langsam: Haushaltsarbeit und die Versorgung der Kinder bleibt weitgehend Aufgabe der Mütter. Das findet in der amerikanischen Serie "Modern Family" seinen komischen Ausdruck, wo mit einem Männerpaar, das ein Kind aus Vietnam adoptiert hat, zwar ein avanciertes Modell in das spitz gezeichnete Sittenbild modernen Familienglücks und seiner Unbilden aufgenommen wird, aber eben mit bekannten Mustern: Der Daddy, der keiner Erwerbstätigkeit nachgeht und zuhause bleibt, ist die "Frau" und die Mama.

Und das zeigt sich an den aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts zum Elterngeld. Zwar hat der Anteil der Väter, die die staatliche "Wahlfreiheitsförderung" in Form des Elterngelds in Anspruch nehmen, einen neuen Höchststand erreicht, wie das Amt freudig schon im Titel seiner Pressemitteilung verkündet. Aber bei genauem Hinsehen zeigt sich dann doch die Festigkeit traditioneller Verhältnisse.

27,3 Prozent der Väter (in absoluten Zahlen 181.000) haben Elterngeld für Kinder, die im Jahr 2011 geboren wurden, beantragt. Das sei eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent - ein Mini-Trend, der sich noch auswächst? Vielleicht. Schaut man sich die anderen Zahlen an, so wird aber deutlich, dass drei von vier Vätern (77%) dabei nicht die lange Strecke, also zwölf Monate, gehen, sondern Elterngeld für maximal zwei Monate bezogen. Der Anteil der Väter, die ein ganzes Jahr lang Elterngeld beanspruchten, lag bei nur knapp 7 Prozent. Bei den Müttern waren es neun von zehn.

Immerhin haben sich die der Realität nicht entsprechenden und auch abfälligen Begriffe wie Windelpraktikum oder Wickelvolontariat, die zu Anfang des Elterngeldes für die "neuen Väter" in Umlauf gesetzt wurden, im Alltagssprachgebrauch nicht durchsetzen können, was auf eine eher offenere, gesellschaftliche Einstellung gegenüber dem Elterngeld hindeuten könnte. Aber den Schritt, den Beruf für ein Jahr hintanzustellen, wagt nur eine Minderheit der Männer. Von den Frauen wird er dagegen wie selbstverständlich erwartet.

Nebenbei bringen die Zahlen auch einen anderen, längst bekannten Unterschied zutage, den zwischen den Einkommen von Männern und Frauen:

"Der durchschnittliche Elterngeldanspruch von Vätern, die vor der Geburt des Kindes erwerbstätig waren, lag im ersten Bezugsmonat bundesweit bei 1 204 Euro und war damit nach wie vor mehr als ein Drittel (39 %) höher als der vergleichbare Anspruch von Müttern (868 Euro)."