Energiewende? Nur nichts überstürzen

Bundesumweltminister Norbert Röttgen will die am besten etablierten Märkte für Erneuerbare ausbremsen und setzt ganz auf großtechnische Lösungen

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Das Bundesumweltministerium hat am Mittwoch einen Referentenentwurf zur Novelle des Erneuerbaren Energiengesetzes (EEG) vorgelegt. Wie sich bereits mit dem letzte Woche veröffentlichten EEG-Erfahrungsbericht andeutete, will das Röttgen-Ministerium die Einspeisevergütung für an Land erzeugten Windstrom absenken. Ab 2013 soll die jährlich Degression, das heißt, Absenkung der Vergütung, künftig zwei Prozent betragen.

Derzeit erhalten die Windmüller für den Strom aus neu errichteten Anlagen 9,2 Cent pro Kilowattstunde. Die Vergütung war mit der letzten EEG-Novelle sogar etwas heraufgesetzt worden, weil die hohen Preise für Stahl und Kupfer der Branche schwer zu schaffen machten. Zwischenzeitlich waren im Zuge der nordatlantischen Finanzkrise die Rohstoffpreise zwar stark eingebrochen, befinden sich aber längst wieder auf neuem Rekordkurs.

Entsprechend hagelt es Kritik an Röttgens Entwurf. Detlef Matthiessen, energiepolitischer Sprecher der Grünen im schleswig-holsteinischen Landtag, meint, sein Bundesland gehöre zu den Verlierern, sollte sich Röttgen durchsetzen. Der von Windrädern erzeugte Stzrom habe bisher die Hauptlast in der Energiewende getragen und könne es auch weiter tun. Die Novelle gebe die falschen Signale an Investoren.

Ähnlich sieht es auch Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie. Schon Anfang Mai, als erste Gerüchte über Röttgens Pläne durchsickerten, sprach er von großem Unmut in der Windenergiebranche. Die Bundesregierung mache sich völlig unglaubwürdig, wenn sie vom forcierten Ausbau der Erneuerbaren rede aber die Vergütung des billigsten Teils des „grünen“ Stroms kürzen wolle.

Albers: „Die Windenergie an Land ist unter den Erneuerbaren die kostengünstigste und hat das größte Potenzial. Bereits im letzten Jahr ist ihr Ausbau eingebrochen. Eine der maßgeblichen Ursachen war die Verunsicherung, die die fehlgeleitete Energiepolitik der Bundesregierung in der Windenergiebranche verursacht hat. Diese Politik setzt die Bundesregierung jetzt ganz offensichtlich fort. Klar ist: Die Zeche dafür zahlt am Ende der Verbraucher. Denn wenn der Ausbau der Windenergie an Land weiter einbricht, ist eine massive Erhöhung der EEG-Umlage nur eine Frage der Zeit.“

Für Letzteres spricht auch, dass die Bundesregierung offensichtlich verstärkt auf den Ausbau der teureren Offshore-Windenergie setzt. Hier soll die Vergütung sogar von 15 auf 19 Cent pro Kilowattstunde für die meisten Anlagen erhöht werden, die vor dem 1. Januar 2017 errichtet werden. Schon bei der letzten EEG-Novelle waren die Offshoresätze angehoben worden, um die Anreize zu verstärken.

Aber während der Offshore-Boom Jahr um Jahr auf sich warten lässt, hält die Bundesregierung gerade an dieser Form der Erneuerbaren hartnäckig fest, während die dynamischen Märkte wie Photovoltaik oder Windkraftanlagen an Land eher behindert werden. Ob das vielleicht daran liegt, dass die Offshore-Windparks meist von den großen Stromkonzernen geplant sind, während an Land eher – wenn auch nicht ausschließlich – Interessengemeinschaften von Bürgern und andere Kleinakteure engagiert sind?